„Es gibt keine unmittelbare Gefahr für Pyeongchang“

Sport / 03.10.2017 • 21:26 Uhr
IOC-Präsident Thomas Bach nahm in St. Gallen zu aktellen Fragen rund um Olympia Stellung.Lerch
IOC-Präsident Thomas Bach nahm in St. Gallen zu aktellen Fragen rund um Olympia Stellung.Lerch

VN trafen den IOC-Präsidenten Thomas Bach (63) an der Universität St. Gallen.

St. Gallen Selbst für die ehrwürdige Wirtschaftsuniversität St. Gallen ist es ein besonderer Tag, wenn der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees dort auftritt. „Es ist ein Ehre, dass Sie uns besuchen“, gab es für Thomas Bach einleitend eine Respektsbekundung durch Lorenz Eder, Leiter Uni Sport an der renommierten Bildungsstätte.

Dann stellte sich der hohe Gast den Fragen des bekannten Schweizer TV-Sportreporters und St. Gallers Matthias Hüppi (59), der das Heimspiel mit dem wichtigsten Sportfunktionär der Welt genoss. Anschließend nahm sich Bach auch noch etwas Zeit für die VN und beantwortete dabei einige Fragen.

Bach, selbst Olympiasieger mit der deutschen Florettfechter-Mannschaft 1976 in Montreal, plauderte über seinen Werdegang und die großen aktuellen Herausforderungen des IOC.

Athletensprecher

„Eigentlich wollte ich Fußballer werden“, verriet der Würzburger. „Doch als ich immer mit aufgeschlagenen Knien nach Hause kam, schickten mich meine Eltern zum Fechten. Psychologisch geschickt erklärten sie mir, dass dies die beste Grundausbildung für Fußball sei.“

Später, als Teamfechter, nahm er die Rolle des Mannschaftssprechers ein. „Die Kollegen wollten, dass ich mit unserem sehr schwierigen Trainer sprach, wenn es Probleme gab.“

Als Athletenvertreter stand er vor der Olympiade 1980 mitten drinnen in der politischen Diskussion. Seine Haltung gegen einen Boykott der Spiele in Moskau wegen des sowjetischen Einmarsches in Afghanistan, blieb ohne Erfolg. „Ich wurde damals auch von Bundeskanzler Helmut Schmidt bei einem persönlichen Treffen unter Druck gesetzt und sogar als Kommunistensau beschimpft, weil ich gegen den Boykott war.“

Bereitwillig habe er später die Einladung ins deutsche Olympische Komitee angenommen, „um dort den Standpunkt der Sportler gegen die Politik entsprechend vertreten zu können.“

Beweise verlangt

Die Kritiker von Bach sind heute andere. Es sind jene, die ihm vorwerfen, den Mächtigen gegenüber willfährig zu sein und Missstände nicht bekämpfen zu wollen. Stichwort Doping. Für Bach sind diese Vorwürfe, die sich auf vermutete Manipulationen von Dopingproben in Rio und auch in Sotschi beziehen, nicht gerechtfertigt. „Es reicht nicht, nur Anschuldigen zu erheben. Wir reagieren, wenn wir Fakten und Beweise vorliegen haben. Es geht bei solchen Dingen eben auch um Gerechtigkeit“, meinte Bach. Nach wie vor nicht entkräftet ist der Verdacht von gezieltem Staatsdoping in Sotschi 2014 durch Russland. Das Ausmachen von Schuldigen sei ein komplizierter Prozess, so Bach.

Viel Hoffnung setzt er auf die Ethikkommission des Internationalen Olympischen Komitees, und vor allem auf dessen Leiter: Es ist dies der ehemalige UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon. Vertrauen setzt der IOC-Präsident ebenfalls in die Forschung zur Verbesserung von Methoden zur Dopingkontrolle.

Daumendrücken für Innsbruck

Die Gefahr einer Absage der Olympischen Spiele in Südkorea aufgrund des Atomkonflikts mit dem nördlichen Nachbarn sieht Bach nicht. „Wir beobachten die politische Situation. Wir sind ständig in Kontakt mit Regierungen und den nationalen olympischen Komitees. Es gibt keine unmittelbare Gefahr“, vertritt Bach eine klare Botschaft. Auf die VN-Frage, ob es mögliche Ersatzorte für Pyeongchang gibt, will sich Bach gar nicht einlassen. „Es gilt, was ich soeben ausgeführt habe. Punkt.“

Mit großem Interesse verfolgt der IOC-Präsident die Bemühungen von Olympiabefürwortern in Tirol für eine Bewerbung für die Spiele 2026. „Es würde dem Nachhaltigkeitsprinzip unserer Agenda 2020 entsprechen, sollten Spiele wieder an traditionelle Wintersportregionen mit vorhandener Infrastruktur und Erfahrung vergeben werden. In Innsbruck setzen sich auch viele Sportler für die Bewerbung ein. Ich wünsche ihnen viel Glück.“

„Eigentlich wollte ich Fußballer werden. Aber meine Eltern schickten mich zu den Fechtern.“

IOC-Präsident Thomas Bach flankiert von VN-Kolumnist Marc Girardelli und VN-Redakteur Klaus Hämmerle.
IOC-Präsident Thomas Bach flankiert von VN-Kolumnist Marc Girardelli und VN-Redakteur Klaus Hämmerle.

Zur Person

Dr. Thomas Bach

Thomas Bach ist 63 Jahre alt und gebürtiger Würzburger. Er wuchs in Tauberbischofsheim, dem deutschen Fechtzentrum auf. Bach ist in seinem Brotberuf studierter Jurist. Er war ein erfolgreicher Fechter und errang mit der Florett-Mannschaft 1976 die Goldmedaille in Montreal. Darüber hinaus wurde er mit der Mannschaft noch zwei Mal Weltmeister.

Von 1975 bis 1979 war Bach Athletensprecher der deutschen Fechter. 1982 wurde er Mitglied des deutschen olympischen Komitees, 1991 kam er ins Internationale Olympische Komitee.

Am 10. September 2013 wurde er auf der IOC-Session in Buenos Aires zum neunten IOC-Präsidenten gewählt.