Der Skipräsident und sein Liebkind Nationencup

Peter Schröcksnadel spricht erstmals über den Verlust des Nationencups und warum es ihn zwar ärgert, aber nicht belastet.
Innsbruck Im Gespräch mit TT-Sportchef Florian Madl nimmt Skipräsident Peter Schröcksnadel (78) auch Stellung zu einer etwaigen Wiederkandidatur im Juni 2020 oder einer möglichen Nachfolgeregelung.
Wie sehr wurmt Sie nach 30 Jahren der erstmalige Verlust des Nationencups, den Sie sich so gewünscht hätten?
Das ärgert, aber belastet mich nicht.
Wie fällt Ihre Kurzanalyse aus?
Die Damen waren nicht in der Lage, an die Leistungen der Vorsaison anzuschließen, was einen bei 17 Verletzten nicht zu wundern braucht. Allein Bernadette Schild oder Hannes Reichelt hätten 500 bis 1000 Punkte machen können.
Sie waren immer zuversichtlich.
Ich dachte immer, es geht noch. Dabei waren die Leistungen der Herren okay. Kitzbühel, Hinterstoder, jetzt Kvitfjell – wir waren ja auch erfolgreich. Aber man verliert nicht, weil man wenig gewinnt, sondern weil der Mittelbau fehlt.
Nicole Schmidhofer wehrte sich gegen die Kritik an den Damen.
Leider blieben die Damen in dieser Saison weit hinter den Erwartungen. (Es ist halt so, dass sie schwach waren, da kannst nichts machen.) Mit Kritik muss man auch umgehen können. Nur Nina Ortlieb war stark, eine junge, ehrgeizige Läuferin, die nach oben will. Sie war ein Highlight (auch deshalb, weil sie jung ist).
Sahen Sie bei den Damen kein Licht?
Die Technikerinnen waren ordentlich unterwegs, vor allem im Slalom, im Riesentorlauf gab es gute Ansätze.
Mit Christian Mitter hatte man einen neuen Damen-Chef installiert – machen Sie das Tief auch an ihm fest?
Nein, ihm werfe ich nichts vor. Aber man muss auch ehrlich sagen: Es war eine Zwischensaison, in der es um nichts ging. Das war eine Übergangssaison, die darf man nicht zu hoch bewerten. Jetzt muss man neue Ziele definieren.
Hat man den Abschied von Marcel Hirscher unterschätzt?
Natürlich fehlt er! Aber das hatte ja keine Auswirkungen auf die Damen. Es war keine schlechte Saison, aber das mit dem Nationencup ist danebengegangen. Ich würde sagen, die Saison war die Unvollendete.
Man kennt Sie als Kämpfer – könnte Sie die Situation dazu bewegen, noch einmal als ÖSV-Präsident zu kandidieren?
Ich habe immer gesagt: Die Entscheidung fällt im Juni. Die Situation ist für jeden im Verband eine Riesenmotivation, man muss hier und da nachjustieren.
Auch auf Trainerebene?
Da wird sich auch da oder dort etwas ändern. Jetzt nehmen wir eben erneut Anlauf, müssen Weichen stellen – und da bin ich sicher noch dabei.
Wie würden Sie die Situation mit einem Satz formulieren?
“Gib einem Satten etwas zu essen . . .” Wir müssen wieder hungrig werden! In den vergangenen Jahren hat’s der Marcel immer wieder gerichtet, jetzt fangen wir nach 30 Jahren wieder beim ersten Sieg an. Wir sind die Skination Nummer eins und das bleiben wir.
Stichwort Wahl: Der britische Unternehmer Johan Eliasch (u.a. Firma Head, Anm. d. Red.) gilt als potenzieller Nachfolgekandidat von FIS-Präsident Gianfranco Kasper. Was denken Sie darüber?
Man muss schauen: Wie steht die Industrie dazu? Unter Umständen sieht einer, der nicht in der Skiszene verankert ist, die Situation ein wenig anders. Das muss nicht schlecht sein, aber auch den Schweizer Kandidat Urs Lehmann halte ich für gut.
Der Coronavirus wirbelte das Weltcup-Programm gehörig durcheinander, manche Stationen wurden gestrichen.
Man muss fair genug sein – wir hätten den Nationencup auch ohne diese Rennen verloren.
Wie empfinden Sie die Maßnahmen gegen den Virus?
Ich bin bei einem Krebsforschungsprojekt involviert – diese Forscher sind auch bei der Suche nach einem Impfstoff federführend. Man muss das Thema ernst nehmen, die Absagen sind in Ordnung. Wenn wir unseren Beitrag leisten können, dann ist das gut.