Oswald hat in Melbourne die saure Zitrone erwischt

Ländle-Tennis-Ass ohne Verschulden im Vorfeld der Australian Open bis 29. Jänner im Hotelzimmer in Quarantäne.
Melbourne Sein zehntes Antreten bei den am 8. Februar beginnenden Australian Open 2021 hat sich Tennisspieler Philipp Oswald ganz anders vorgestellt. Nach der Teilnahme zusammen mit seinem neuseeländischen Doppelpartner Marcus Daniell am ATP-250-Turnier in Delray Beach (USA) befindet sich der Dornbirner seit 13. Jänner in Melbourne. Auf eine wettkampfspezifische Vorbereitung muss der Dornbirner allerdings bis 29. Jänner verzichten. Bis dahin befindet sich Vorarlbergs aktuell erfolgreichster Tennisspieler nämlich in Quarantäne, er darf sein knapp 25 Quadratmeter großes Hotelzimmer nicht verlassen. „So wie es aussieht, habe ich eine saure Zitrone erwischt. Dass ich kein Einzelfall bin, sondern das Schicksal in dieser absoluten Ausnahmesituation mit rund 100 anderen Spielern teile, ist nur ein schwacher Trost. Ich habe mich im Dezember zusammen mit Marcus (Anm.: Doppelpartner Daniell) in Dornbirn intensiv auf die Saison vorbereitet, und wir waren richtig gut in Schuss. Ich denke nicht, dass wir in den 14 Tagen im Hotelzimmer das Tennisspielen verlernen werden. Doch jeder kann verstehen, dass dies alles andere als eine optimale Vorbereitung auf ein Grand-Slam-Turnier ist.“
Turbulente Reiseplanung
Angefangen hat die Misere nach dem Turnier in den USA. „Ursprünglich war geplant, dass wir mit einem von den Australian Open organisierten Charterflug von Miami nach Melbourne fliegen. Doch einen Tag vor der Abreise erhielten wir die Info, dass dieser Flieger voll sei und wir für die Maschine aus Los Angeles gebucht sind.“ Nach dem kurzfristig selbst organisierten Flug nach Los Angeles und einer Nacht auf dem Flughafen ging es dann in Richtung Australien. „Es war ein angenehmer Flug. Wir hatten Platz ohne Ende und der Service war perfekt. Überrascht waren wir, dass Tenny Sandgren auch an Bord war. Er hatte schon Corona, war nicht infektiös, der Test in den USA war möglicherweise falsch, und deshalb durfte er an Bord.“
Bei der Ankunft in Melbourne wurde dann schnell klar, dass die Australier das Thema Corona extrem ernst nehmen. „Bereits im Flughafen wurde ein PCR-Test vorgenommen, und dann ging es, von einer Polizeieskorte begleitet, mit dem Bus ins Hotel. Wir haben eingecheckt, und der Umstand, dass die Zimmer klein sind, das Essen nicht wirklich gut und die Internetverbindung schwach ist, hatte keine Bedeutung.“
Ein positiver Fall, alle sanktioniert
Allerdings nur vorerst, denn nach knapp 48 Stunden des Wartens auf die offizielle Freigabe für das Training auf dem Platz kam die Information, dass eine der 67 Personen in der Maschine einen positiven Covid-19-Test hatte und alle mitgereisten Personen an Bord sich 14 Tage in strengste Quarantäne begeben müssen. „Die zwei Tage in Isolation waren schon mühsam. Doch das war natürlich wie ein Nackenschlag, den man selbst seinem härtesten Gegner nicht wünscht.“

Die Organisatoren der Australian Open haben in einem Videocall versprochen, den Betroffenen ein Ergobike und Hanteln in die Zimmer zu stellen. „Wenn ich mich aber umschaue und die Ausmaße des Raumes betrachte, weiß ich gar nicht, wo ich diese Dinge hinstellen soll. Ich habe so schon keinen Platz und bereits das zweite Bett an die Wand gestellt, um zumindest bei den Dehnungs- und Kräftigungsübungen einen Ausfallschritt machen zu können.“
Im Gegensatz zu Oswald, Daniell und weiteren Betroffenen hat eine Vielzahl von Spielern, die nicht im Vorfeld des ersten Majorturniers des Jahres von den rigorosen Sicherheitsmaßnahmen der Organisatoren betroffen sind, die Möglichkeit, zumindest für fünf Stunden am Tag das Hotelzimmer zu verlassen und auf dem Platz oder in einem Fitnessraum zu trainieren. „Wir haben zwar alle im Vorfeld die Aufenthaltsbedingungen unterschrieben, es war uns aber nicht bewusst, dass die Sanktionen so strikt durchgezogen werden und bei einem positiven Fall im Flugzeug alle automatisch eingesperrt werden. Aber man lernt eben nie aus.“
Stars in Adelaide geht es besser
Im Chat mit AO-Turnierdirektor Craig Tiley wurde auch darüber diskutiert, dass für Stars wie etwa Novak Djokovic, Rafael Nadal und Dominic Thiem, die sich im rund 750 km entfernten Adelaide vorbereiten, viel bessere Bedingungen herrschen. „Sie haben ihren Fitnessraum im Hotel und haben die fünf Stunden nur für das Tennisspielen zur Verfügung. „Ich habe kein Problem mit dieser Hierarchie, aber in Summe ist dies doch ein klarer Wettbewerbsvorteil. Ich bin auch niemandem böse und kann einen Großteil der Maßnahmen nachvollziehen. Im Endeffekt müssen wir alle froh sein, dass das Turnier überhaupt stattfindet. Auch wenn es nicht leicht sein wird, werde ich die restliche Zeit in meiner Isolation absitzen und freue mich sehnlichst auf den Restart.“