Nächste Ausfahrt Bregenz

Sport / 11.05.2023 • 20:38 Uhr
Austria Lustenau blinkt bereits rechts für die Ausfahrt Bregenz, Innsbruck bleibt als Notlösung erhalten.Stiplovsek
Austria Lustenau blinkt bereits rechts für die Ausfahrt Bregenz, Innsbruck bleibt als Notlösung erhalten.Stiplovsek

Austria Lustenau stellt die Weichen für mögliche Bundesligaspiele in der Landeshauptstadt.

Lustenau, Bregenz Der Klassenerhalt ist in der Tasche, Austria Lustenau wird auch in der Saison 2023/24 Teil der höchsten österreichischen Spielklasse sein. Laut Lizenzunterlagen für die kommende Saison werden die Grün-Weißen nach Baustart des neuen Reichshofstadions ab November 2023 nach Innsbruck ausweichen, um dort ihre Heimspiele auszutragen. Geht man von einem normalen Baufortschritt des Stadionbaus aus, wird die Austria mindestens eineinhalb Saisonen mit Matches am Innsbrucker Tivoli rechnen müssen. Aus finanzieller und vereinspolitischer Sicht ein Horror-Gedanke. Eine Saison am Tivoli hat Wacker Innsbruck vor dem Rückzug aus der 2. Liga rund 600.000 Euro gekostet, die WSG Tirol soll derzeit mehr als 40.000 Euro Miete pro Heimspiel bezahlen. Eine Summe, welche die Austria mit einem Heimspiel in der Fremde keinesfalls wieder einnehmen könnte. Neben einer deutlich geringeren Zuschauerzahl würde die Innsbrucker Olympiaworld als Vermieter auch einen Großteil der Gastro-Einnahmen selbst einstreichen.

Ein Todesstoß

Für die Austria ist ein 18-monatiges Ausweichen nach Tirol bei einem Budget von rund fünf Millionen Euro schlicht nicht finanzierbar, im Umfeld der Austria wurde zuletzt „von einem finanziellen Todesstoß für den Klub“ gesprochen. „Bei uns wird derzeit sehr viel gerechnet. Fakt ist, der erwartbare Verlust bei den Einnahmen, an Zuschauern und in der Gastronomie übersteigt auch noch die Höhe der Stadionmiete“, erklärt Austrias Vorstandssprecher Bernd Bösch kurz und bündig.

Kosten einer Rasenheizung

Umso intensiver laufen die Arbeiten an der oft zitierten Vorarlberger Lösung. Dass diese nicht in Altach liegen wird, haben die Verantwortlichen des Cashpoint SCR Altach vielfach bestätigt, dieses kategorische Nein wird sich selbst bei einem möglichen Abstieg der Rheindörfler kaum verändern. Deshalb laufen seit Monaten Gespräche über eine Nutzung des ImmoAgentur-Stadions in Bregenz als temporäre Heimstätte. Die Hoffnungen, an den Bodensee zu wechseln, bekamen durch Aussagen der Bundesliga und ihrer Vertreter Anfang März einen argen Dämpfer. Damals wurde klar, dass es keine Ausnahmegenehmigung für die fehlende Rasenheizung geben werde.

Bleibt als Lösung lediglich eine Neu-Installation im ehemaligen Bodenseestadion. Am Spielfeld, das unabhängig von der Austria bereits auf Bundesligamaße vergrößert wurde, fanden zuletzt Bohrungen statt, um die Qualität der Drainage zu prüfen. Diese ist in perfektem Zustand, was die Kosten des Einbaus einer neuen Rasenheizung deutlich verringern würde (rund 200.000 Euro).

Dennoch blieben beachtliche Kosten, welche auf die Austria zukämen. Eine Rasenheizung ist nicht unter 400.000 Euro zu bekommen, unterschiedliche Anbieter sprechen sogar von bis zu 800.000 Euro, die eine neue Anlage inklusive Einbau kosten würde. Jedenfalls käme diese Installation billiger, als eineinhalb Spielzeiten im Exil in Innsbruck zu bestreiten. Außerdem hätte die Austria die Aussicht auf zusätzliche Einnahmequellen dank höherer Zuschauerzahlen und Umsatz in der Gastronomie. Der Großteil der Einnahmen müsse aber in Bregenz bleiben, betonte Schwarz-Weiß. Gespräche zwischen den Klubs über etwaige Modelle hat es schon gegeben.

Hochbetrieb im Sommer

Von Seiten der Stadt Bregenz kamen bislang nur positive Signale: „Wir sind weiterhin für alle Ideen offen. Wobei wir definitiv darauf hinweisen wollen, dass die weiteren sportlichen Aktivivitäten im Bregenzer Stadion keineswegs durch etwaige Maßnahmen zu kurz kommen dürfen. Aber bislang haben wir noch nichts Konkretes aus Lustenau gehört“, erklärte der Bregenzer Sportstadtrat Michael Felder und meint damit zwei Großveranstaltungen im Bregenzer Stadion, die im Sommer über die Bühne gehen werden. Am 25. Juni steht das Landesjugendturnfest auf dem Programm, am 8./9. Juli folgen die Österreichischen Staatsmeisterschaften in der Leichtathletik. Ein Einbau käme damit frühestens während der Länderspielpausen im Herbst in Frage. Dann müsste allerdings SW Bregenz für einige Heimspiele nach Lustenau übersiedeln, da der Einbau mehrere Wochen dauert. 2015 brauchte der SV Grödig vier Wochen für die Errichtung einer Rasenheizung, allerdings musste die Anlage in Salzburg nachträglich nochmals überarbeitet werden.

Vorschrift statt Notwendigkeit

In Bregenz hat man zwar zu Beginn des Jahres in Gesprächen den Bau einer Rasenheizung abgelehnt, zu hoch erschienen die Kosten, zu wenig drängend die Maßnahme und zu negativ galt ein Heizungsbau in Zeiten der Energiekrise. Doch die neuen sportlichen Ambitionen von SW Bregenz und der angepeilte Aufstieg in die 2. Liga brachten ein Umdenken. Zumal es bei einer Kooperation in Sachen Stadion aus finanzieller Sicht in Bregenz nur Gewinner gäbe. Außerdem spricht derzeit kaum noch wer über Energieknappheit, die Betriebskosten gehen aktuell deutlich zurück. Der Einbau wäre, das ist aus dem Lager der Austria zu hören, mehr Vorschrift als Notwendigkeit. Denn aufgrund der klimatischen Bedingungen in Bregenz ist mit deutlich weniger Betriebstagen als beispielsweise in Innsbruck oder Altach zu rechnen. So gibt es zum Beispiel in Feldkirch drei Mal so viele Frosttage wie in der Landeshauptstadt, in Innsbruck sind es sogar vier Mal so viele. Zumal die Heizung selbst in Lustenau in den vergangenen beiden Jahren nicht für die Aufrechterhaltung des Spielbetriebs benötigt worden wäre. Doch unabhängig von der Notwendigkeit einer Rasenheizung, Vorschrift bleibt Vorschrift.

Die Zahlen

Bleibt die Frage nach der Finanzierung. Bei der Austria, die durch den Transfer von Bryan Teixeira im Winter ihre Schulden begleichen konnte, glaubt man sich in der Lage, die Kosten der Rasenheizung zu übernehmen. Allerdings werden dies nicht die einzigen Ausgaben bleiben, um das ImmoAgentur-Stadion bundesligatauglich zu machen. Dazu zählen ein taugliches Flutlicht, die Adaptierung der Kabinen der Heim -und Gastmannschaften, neue WC-Anlagen, der vollständig überdachte Gästesektor und eine eventuelle Teilbestuhlung der freien Stehplätze in den Kurven. Hier bräuchte die Austria die Unterstützung der Öffentlichen Hand, die Stadt Bregenz hat bereits Bereitschaft signalisiert, ihren Anteil zu übernehmen; einige Maßnahmen werden ohnehin schon umgesetzt, zudem würde die Infrastruktur am Ende der Landeshauptstadt zugute kommen. Bleibt das Land Vorarlberg als weiterer Partner, hier wird es noch Überzeugungsarbeit brauchen. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass Austria Lustenau in der Heimat des ehemals größten Konkurrenten Unterschlupf findet, ist deutlich gestiegen.

„Der erwartbare Verlust bei den Einnahmen übersteigt die Höhe der Stadionmiete.“

2015 wurde in der Altacher Cashpoint Arena die Rasenheizung eingebaut.Batlogg
2015 wurde in der Altacher Cashpoint Arena die Rasenheizung eingebaut.Batlogg
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