Bezauer Skirennläuferin kämpft sich zurück an die Weltspitze

2014 Junioren-WM-Gold in der Kombination, 2018 beinahe das Karriereende – und heute? Elisabeth Kappaurer hat sich zurückgekämpft, ist im Alpinen Ski-Weltcup im Riesentorlauf wieder in Richtung Top-Ten unterwegs. Noch wichtiger: Ihr Weg macht Mut.
Bezau “Ich glaube, ich bin in den letzten zehn Jahren nie drei Saisonen durchgehend Ski gefahren.” Der Satz von Elisabeth Kappaurer ist wohl überlegt und so gelingt es der 29-jährigen Bezauerin in wenigen Worten einen langen Zeitraum mit vielen und vor allem schweren Verletzungen ohne großen Gram zu beschreiben. „Natürlich, es war extrem. Doch die Verletzungen gehören zu mir. Sie machen mich heute zu der Person, die ich bin.“

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Wohlwissend, dass sie so viel Schweiß reingesteckt hat, um wieder in den alpinen Skizirkus zurückkehren zu können. Endlich wieder als Rennläuferin wahrgenommen zu werden, sich über Leistungen zu unterhalten, all das hat große Bedeutung im Leben der Sportlerin, die mit ihrer Einstellung für viele ein Vorbild ist.



„Aufgeben war für mich nie eine Option“, sagt sie und erzählt von einer kleinen – und doch so wichtigen Geste. Vor zwei Jahren war es, als Kappaurer als Vorläuferin in Lienz in den Ski-Weltcup zurückkehrte. „Ich bin im Starthaus gestanden, als Tessa Worley zu mir sagte: Dirndl, jetzt hast du es wirklich geschafft.“ Für die Bregenzerwälderin, die von sich selbst sagt, nie wirklich das große Talent gewesen zu sein, war dies die Bestätigung, dass sich das viele Training gelohnt hat. „Ich war schon immer eine Kämpferin“, fügt sie hinzu, und: „Ich fahre halt extrem gerne Ski.“ Ganz nach dem Motto – „Du musst Tag für Tag das Beste aus dir rausholen“ – hat sie sich zurück an die Weltspitze im Riesentorlauf gekämpft. Und dabei sogar den Weg über den Europacup genommen.


Einschneidende Erlebnisse
Es war 2018, als sich Elisabeth Kappaurer beim Training in Saas Fee das Schien- und Wadenbein links gebrochen hat. Nur elf Monate später das große Schockerlebnis in Argentinien. Beim Sommertraining in Ushuaia stürzte sie so unglücklich, dass sie mit einem offenen Schien- und Wadenbeinbruch rechts und einen Trümmerbruch im Schienbeinkopf links im Schnee liegen blieb. Inzwischen hat sie innerlich Frieden geschlossen mit dem Skiort in Südamerika. „Ich habe dort sicherlich meine schlimmsten Tage erlebt, jedoch auch unglaublich schöne Trainingstage gehabt.“ Doch 2019 schien ihre Karriere beendet. Kein Hubschrauber war vor Ort, die medizinische Behandlung nicht optimal. Die Bilder ihrer Rückkehr im Rollstuhl sind präsent, ebenso die Tatsache, dass es zurück in der Heimat gleich wieder ins Krankenhaus ging. Vier Jahre später ist sie nicht nur um viele Erfahrungen reicher, sie ist auch als Mensch gereift. Das Leben nach der Verletzung hat sie nicht nur gelehrt, die Tage auf Schnee noch mehr zu genießen, sie weiß inzwischen sehr genau, wie ihr Weg nach dem Karriereende aussehen wird.



„Ich bin die geborene Volksschullehrerin“, sagt die Tochter des ehemaligen Bildungsdirektors von Vorarlberg. „Ich glaube, ich habe die Gene meines Vaters“, schmunzelt sie und verrät, dass sie früher eher Richtung „Kindergartentante“ tendierte. So nutzte sie ihre schmerzhafte Rennpause dazu, Fortbildungen zu besuchen und ein Praktikum an der Schule zu machen. Wobei, so ganz ohne Spitzensport ließ die Athletin die Zeit nicht verstreichen. Kappaurer, die im Aufbautraining viele Stunden auf dem Rad verbrachte, schloss sich 2021 dem Radteam Tirol an und startete in der Rad-Bundesliga. „Eine völlig neue Erfahrung“, erzählt sie. „Als Skifahrerin trainierst du als Mitglied eines Teams, doch beim Start bist du auf dich gestellt. Beim Radfahren musst du dich in den Dienst der Mannschaft stellen. Nur so sind Siege möglich. Für mich war es ein cooles Erlebnis.“


Vorerst aber sind Radfahren, Kitesurfen, Beachvolleyball oder Skitouren gehen wieder hintangestellt, denn die Junioren-Weltmeisterin von 2014 ist zurück im Ski-Weltcup. 2025 könnte sich für Kappaurer der Kreis schließen, denn eine mögliche Qualifikation für die Heim-WM in Saalbach würde der besonderen Geschichte einer Bezauerin, die allen Verletzungsmühlen („Ich brauche keine Schmerzmittel, um Ski zu fahren“) trotzt , einen emotionalen Höhepunkt bescheren.
