
Strolz und Abfahrt? “Die Tür ist nicht komplett zu”
Doppelolympiasieger Johannes Strolz über das gute Gefühl vor dem WM-Winter und das Thema Abfahrt.
Warth Nur langsam lichtet sich der Nebel an diesem späten Augusttag und verleiht so dem Winterskiort Warth einen leicht herbstlichen Anstrich. Weitaus klarer sind da schon die Worte und Gedanken von Johannes Strolz im Gespräch mit den VN. Das betrifft auch die Frage nach seinem Alter, wird der Doppel-olympiasieger von 2022 doch während des anstehenden ÖSV-Trainingslagers im chilenischen El Colorado seinen 32. Geburtstag feiern.
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Mögliches Karriereende? “Klar, da macht man sich Gedanken, aber ebenso schnell war das Thema für mich abgehakt.” Zum einen brennt in ihm das Feuer eines Skirennläufers lichterloh, zum anderen nähren die aktuellen Werte der Leistungsdiagnostik nach einer verletzungsfreien Sommertrainingszeit die Hoffnung auf einen erfolgreichen Weltcupwinter. Dabei verhehlt Strolz nicht, dass der “innere Schweinehund bei harten Konditionseinheiten schon mal laut wird”. Allein der Gedanke an die Heim-WM 2025 in Saalbach oder auch an die Olympischen Winterspiele in Cortina d’Ampezzo sorgt für einen zusätzlichen Motivationsschub. Zumal es ihm noch immer großen Spaß bereite, sich neue Dinge zu überlegen, um auch im Konditionsbereich noch voranzukommen. Etwa mit einem neuen Diagnostikgerät die Geschwindigkeit und Watt zu messen. “Kleinigkeiten”, wie er selbst sagt, für den Tüftler Strolz jedoch der Ansatz, täglich besser zu werden. All dies mache das Training im Sommer nicht nur abwechslungsreicher, sondern so könne es auch mit Zahlen hinterlegt werden.

Elf Jahre Ski-Weltcup? “Da hat sich doch einiges verändert”, sagt Strolz und muss ob der langen Zeit selbst ein wenig schmunzeln. Das Niveau in allen Disziplinen steige Jahr für Jahr. “Wenn ich nur an die Dichte an der Spitze im Slalom denke, das ist schon massiv. Es sind so viele richtig gute Läufer am Start, teilweise junge. Die Leistungsdichte ist enorm. Auch was die Qualität im Training betrifft, hat sich extrem viel getan.
Material? Der Warther spricht davon, eine “gutes Basis” gefunden zu haben, um mehr Stabilität zu bekommen. Der Grundspeed sei nie das Thema gewesen, vielmehr das Thema Stabilität zwischen den Toren. Zu oft habe sich der Schwerpunkt nach hinten verlagert und “das hat mich aus der Balance geworfen und ich war anfällig für Fehler”. Die Vorsaison habe gezeigt, dass er diesbezüglich auf dem richtigen Weg sei, ohne dabei an Explosivität zu verlieren. Die Platzierungen seien ob der hohen 20er-Startnummern okay gewesen, zumal „wirklich gute Leistungen dabei waren“. Wichtiger sei für ihn jedoch gewesen, dass er gelernt habe, Geduld zu haben. „Ja, ich bin schon gefährdet, zu schnell ungeduldig zu werden“, gesteht er. Es einfach passieren zu lassen, sei für ihn im letzten Winter das „wichtigste Learning“ gewesen. Ebenso elementar: Platz vier zum Abschluss in Aspen gibt Sicherheit und Selbstvertrauen für die anstehende Saison.

Marcel Hirscher? “Die Ankündigung seines Comebacks hat auch mich überrascht”, gibt Strolz zu und spricht noch heute von einem Paukenschlag und davon, dass es “eine super Sache für unseren Sport ist. Allein die Tatsache, wie viele Leute mich darauf angesprochen haben, zeigt das große Interesse an seiner Person. Ein wenig erinnert es mich an Michael Jordan oder Tom Brady, als sie aus der Sportpension zurückgekommen sind. Marcel ist wahrscheinlich der größte Skirennläufer aller Zeit. Ich halte es für gut, dass er wieder kommt und so sehr viel Würze in die Rennen bringt.” Er selbst kenne das Gefühl nicht, wie es sich anfühle, den Sport eine Zeit lang auf die Seite zu legen. Was in naher Zukunft auch nicht passieren wird, fließt doch noch zu viel Rennläuferblut in seinem vom Konditionstraining gestählten Körper.

Thema Abfahrt? Es sei der Versuch gewesen, so gut wie möglich Fuß zu fassen. “Ich habe natürlich gewusst, dass es nicht schon in der ersten Saison funktionieren wird, um Punkte mitzufahren.” Am Ende sei es ein Auf und Ab gewesen. “Mit meiner Entwicklung in der Abfahrt bin ich zufrieden gewesen. Den Zeitaufwand habe ich allerdings unterschätzt, auch die mentale Beanspruchung.” Der Knackpunkt sei dann gewesen, als die Abfahrt in Chamonix abgesagt wurde und er die Zeit nutzen konnte, um im Slalomtraining richtig gute Fortschritte zu machen. “Das war im Hinblick auf den vierten Platz in Aspen sicherlich entscheidend.” Dennoch: Die Tür für die Abfahrt ist noch nicht komplett zu. Sein Fokus für die nächsten beiden Winter ist allerdings auf den Slalom gerichtet. “Da weiß ich, dass ich einer der Schnellsten auf der Welt sein kann.” Die “langen Latten” hat Strolz dennoch im Gepäck für das Sommertrainingslager in Chile, denn: “Ein paar Speedinhalte im Training schaden nie.”

Marco Odermatt/Marco Schwarz? “Ich bin ja selbst drei Disziplinen gefahren, als ich in den Weltcup gekommen bin. Slalom, Riesentorlauf und Kombination. Es ist ein Wahnsinn, was die beiden leisten. Bei Blacky (Anm. d. Red.: Schwarz) ist seine Leistung ein wenig untergegangen, weil eigentlich nur Siege zählen. Dabei ist er bei der WM bei jeder Siegerehrung, also immer Top sechs, gewesen.”

Heim-WM in Saalbach? “Natürlich ist es im Hinterkopf. Doch der Fokus liegt vor allem darauf, wie man dorthin kommt. Dabei spielen Ernährung, Regeneration und Training eine ganz wichtige Rolle.”

Olympische Sommerspiele? “Ich habe ganz viel geschaut, vor allem die Leichtathletik hat mich fasziniert. Die Gesichter der Sieger zu sehen, ist schon faszinierend. Wenn du dann selbst weißt, wie sich das anfühlt, dann hat das eine noch ganz andere Bedeutung. Mir läuft jetzt noch kalt über den Rücken, wenn ich an Lukas Mähr denke. Zumal das Besondere ja der Weg bis zur Medaille ist.”

Trainingslager in Chile? Für Strolz eine ganz wichtige Zeit in der Vorbereitung. „Ich höre immer wieder die Frage: Wann gehst du wieder Skifahren? Wenn ich dann antworte, nächste Woche, dann kommt gleich die nächste Frage: Freust du dich denn? Ich kann dann nur sagen: Ja, ich freue mich riesig.“ Der Rennläufer Johannes Strolz zeigte sich zuletzt auch als er Gast beim Podcast von Conny Hütter und Nici Schmidhofer war. Da lautete eine Frage an ihn: Fährst du lieber auf einer harten, eisigen Piste oder in einem unverspurten Tiefschneehang? Für einen kurzen Moment, so Strolz, habe er überlegt, doch dann war ihm schnell klar: „Es gibt fast kein schöneres Gefühl, als wenn du auf einem harten, eisigen Hang den Schwung perfekt triffst.“ Natürlich könne sich dies in Zukunft mal ändern, doch jetzt ist er noch zu sehr dem Rennsport verbunden. „Wenn alles passt und man ein bisschen mit dem Ski und dem Schnee verschmilzt, das ist ein Traum.“
