Nächstes Drama um Ortlieb

Sport / 26.01.2025 • 19:32 Uhr
Nina Ortlieb musste unter starken Schmerzen nach ihrem Sturz mit dem Akjia abtransportiert werden.gepa

Nach erneutem Bruch des Schien- und Wadenbeins wurde die Lecherin zum 23. Mal operiert.

Garmisch Partenkirchen Abfahrts-Vizeweltmeisterin Nina Ortlieb hat sich in der Weltcup-Abfahrt in Garmisch-Partenkirchen erneut schwer verletzt. Wie der Österreichische Skiverband mitteilte, erlitt die Lecherin bei ihrem Sturz auf der Kandahar einen Bruch des Unterschenkels im rechten Bein. Die Speed-Spezialistin wurde zur weiteren Behandlung ins Sanatorium Schenk nach Schruns geflogen. Die 28-Jährige hatte sich erst nach einem Schien- und Wadenbeinbruch ein x-tes Mal zurückgekämpft.

„Comeback von Ortlieb? Möglich ist viel. Wenn es wer schaffen kann, dann die Nina.“

Gunther Schlederer
ÖSV-Teamarzt

Ortlieb verdrehte sich bei ihrem zunächst harmlos scheinenden Ausfall ein Bein und blieb danach von Schmerzensschreien begleitet im Schnee liegen. Das Rennen war längere Zeit unterbrochen, Akia und Helikopter waren anschließend für die Bergung im Einsatz. „Es war gleich an der Piste der Verdacht, dass es wieder eine Fraktur ist am rechten Schien- und Wadenbein. Das hat sich dann leider Gottes im Krankenhaus bestätigt“, erklärte ÖSV-Teamarzt Gunther Schlederer.

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Nina Ortlieb kurz vor dem schweren Sturz. gepa

Comeback?

Ortlieb habe gleich gewusst, was passiert sei, meinte Schlederer, der sich zunächst um die starken Schmerzen der Athletin kümmern musste. „Die Rettungskette hat wunderbar funktioniert. Nach der Operation wird es ein schwieriger Weg zurück“, sagte der Arzt. Ortliebs Krankenakte ist bereits bücherfüllend. Zu mehrfachen Knie-Operationen kommen Brüche im Becken, Schambein, Oberarm, Mittelhandknochen (3x), Sprunggelenk (2x), eine Schulterluxation und Rippenfraktur. Ob ein Comeback überhaupt machbar ist, ließ Schlederer offen. Man müsse zunächst die Operation abwarten. „Möglich ist immer viel. Wenn es wer schafft, dann Nina Ortlieb.“

Nina Ortlieb
U.a. sendete Mikaela Shiffrin Genesungswünsche per Instagram.Ortlieb/Instagram

Überblick der Verletzungsserie im Ski Weltcup

Aleksander Aamodt Kilde: Der Norweger muss nach Sturz in Wengen 2024 den gesamten Winter wegen fortgesetzter Komplikationen mit der Schulter samt OP-Marathon abschreiben.
Cyprien Sarrazin: Der französische Speed-Star kommt beim Abschlusstraining für die Bormio-Abfahrt am 27. Dezember schwer zu Sturz und erleidet unter anderem eine Hirnblutung. Eine Not-Operation sowie künstliches Koma sind die Folge.
Mikaela Shiffrin: Der US-Star stürzt am 30. November in Killington. Sie zieht sich Prellungen und eine tiefe Wunde am Bauch zu und muss mehrmals operiert werden.
Vincent Kriechmayr: Der ÖSV-Speed-Leitwolf erleidet bei seinem Sturz in der Wengen-Abfahrt eine Innenbandzerrung im rechten Knie.
Marcel Hirscher: Im Riesentorlauf-Training auf der Reiteralm reißt sich der 35-Jährige am 2. Dezember das Kreuzband im linken Knie.
Nina Ortlieb: Die Abfahrts-Vizeweltmeisterin erleidet bei ihrem Sturz in der Abfahrt von Garmisch-Partenkirchen einen Bruch des Unterschenkels im rechten Bein.
Petra Vlhova: Ihr Kreuzbandriss und Innenbandriss im rechten Knie jährte sich am 20. Jänner.
Jasmine Flury: Die Abfahrts-Weltmeisterin trägt Ende Februar 2024 in Crans-Montana einen Knorpelschaden davon.
Alexis Pinturault: Der 33-Jährige erleidet eine Knochenprellung des inneren Schienbeinplateaus mit zugehöriger Fraktur sowie eine Verletzung des Innenmeniskus.
Katharina Gallhuber: Die Niederösterreicherin wird von anhaltenden Knieproblemen zurückgeworfen.
Felix Hacker: Im zweiten Abfahrtstraining in Kitzbühel zieht sich der Kärntner ohne Sturz einen Kreuzband- und Meniskusriss zu.
Gino Caviezel: Der Schweizer stürzt in Bormio im Super-G und erleidet eine komplizierte Knieverletzung.
AJ Ginnis: Der Slalom-Vizeweltmeister aus Griechenland unterzieht sich wegen anhaltender Knieprobleme einer Operation.
Tereza Nova: Die Tschechin stürzt im zweiten Garmisch-Training und wird mit schweren Kopfverletzungen in ein Krankenhaus gebracht. Dort wird sie intensivmedizinisch betreut. Laut Medienberichten erlitt die 26-Jährige eine Gehirnblutung und liegt im Koma.
Jacob Schramm: Der Deutsche kommt im zweiten Kitzbühel-Abfahrtstraining zu Sturz und erleidet Kreuzbandrisse in beiden Knien.

Betroffenheit im ÖSV-Team

„Sie tut mir echt leid, ist echt eine gute Freundin. Sie tut alles für den Sport, es gibt niemanden, der mehr für den Sport lebt“, sagte Ariane Rädler. Auch Cornelia Hütter gehörte zu den Schockierten im Zielraum. „Nina hat schon viel durchgemacht, ich hoffe, es ist nur eine Kleinigkeit.“ Diese Hoffnung erfüllte sich nicht, Ortlieb musste nun die bereits 23. Operation ihrer Ski-Karriere über sich ergehen lassen. „Es ist so bitter, ich wünsche ihr alles Gute“, sagte Ricarda Haaser, die selbst einen Sturz gerade noch vermeiden konnte. „Ich habe mir zuerst gedacht, halbwegs okay geflogen. Dann hat sie sich ein paar- mal gedreht. Wenn es den Hubschrauber braucht, ist es meistens kein gutes Zeichen.”

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WM-Traum geplatzt

Im achten Rennen endete Ortliebs Comebacksaison und der Traum von der Heim-WM ist geplatzt. Sie hatte im bisherigen Winter mit einem achten Platz in der Abfahrt von St. Anton nur ein Top-Ergebnis geschafft, dabei im Vorfeld aber fast trotzig gemeint: „Natürlich macht man sich Gedanken, ich weiß, dass wir viele sind. Dennoch habe ich meinen achten Platz aus der Abfahrt. Es gibt nicht so viele, die viel in der Abfahrt vorzuweisen haben.“ Einen „Hopp-oder-dropp“-Zugang schloss sie explizit aus.
Bereits im Abschlusstraining am Freitag war die Tschechin Tereza Nova gestürzt. Aufgrund schwerer Kopfverletzungen wurde sie in der Unfallklinik Murnau in ein künstliches Koma versetzt. Wie der tschechische Verband erklärte, wurde die 26-Jährige operiert, um die Hirnschwellung zu reduzieren.
Unter dem Eindruck von drei Hubschrauberflügen im Kitzbühel-Super-G kündigte der FIS-Chef-Renndirektor Markus Waldner nun Sicherheitsmeetings an. Während der Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm sollen rasch wirksame Lösungen gefunden werden, um den Rennsport ungefährlicher zu machen. Bei den Athletinnen und Athleten fährt das Wissen um die Gefahr im Hinterkopf mit. „Wir wissen alle, dass der Abfahrtssport gefährlich ist. Aber er macht auch verdammt viel Spaß. Wir bewegen uns am Limit, und leider passiert oft was“, sagte Hütter.