„Der richtige Zeitpunkt für neue Kräfte“

Sport / 09.04.2025 • 18:54 Uhr
Handball, Derby Alpla HC Hard - Bregenz Handball, 100. Ländle-Derby in der Handball Liga Austria
Gregor Günther beendet im Sommer seine Tätigkeit als Präsident und Vorstandssprecher bei Bregenz Handball.

Bregenz-Handball-Urgestein Gregor Günther über seinen Rückzug, sportliche Erfolge, Rückschläge und bleibende Leidenschaft.

Bregenz Er war Spieler, Kapitän, Abwehrchef und zuletzt vier Jahre Präsident und Vorstandssprecher: Gregor Günther prägte Bregenz Handball über drei Jahrzehnte hinweg – auf und neben dem Spielfeld. Bei der Generalversammlung im Sommer übergibt der 47-Jährige das Ruder. Im Interview spricht er über sportliche Höhepunkte, harte Rückschläge, den Generationenwechsel im Verein und seine Wünsche für die Zukunft des Handballsports in Bregenz.

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Mit Bregenz Handball feierte Gregor Günther acht Meistertitel und wurde vier Mal ÖHB-Cupsieger.

Herr Günther, Sie geben nach zehn Jahren im Vorstand – davon vier als Vorstandssprecher – Ihre Funktion ab. Wie fühlt sich das an?

Ehrlich gesagt, es fühlt sich gut an. Für mich war immer klar, dass ich diese Aufgabe nicht bis zu meiner Pensionierung ausüben werde. Ich bin stolz auf das Team von Bregenz Handball. Die Zusammenarbeit im Vorstand und mit unserem Geschäftsführer Björn Tyrner war stets freundschaftlich, konstruktiv und im Sinne des Vereins. Jetzt scheint mir ein guter Zeitpunkt gekommen zu sein, um Platz für neue Kräfte zu schaffen.

„Der richtige Zeitpunkt für neue Kräfte“
Die aktuelle Vorstandsriege bei Bregenz Handball (v. l.): Gregor Günther, Rupert Manhart, Andreas Grabher-Meier, Michael Lipburger, Bernd Schuler und Alexnder Fritz.

Werden nur Sie den Vorstand verlassen?

Nein, neben mir treten auch Bernd Schuler – ebenfalls seit zehn Jahren im Amt –, Michael Lipburger und Alexander Fritz im Sommer zurück. Rupert Manhart und Andreas Grabher-Meier bleiben dem Gremium erhalten. Die Gespräche mit potenziellen neuen Vorstandsmitgliedern sind weit fortgeschritten. Die Wunschkandidaten sind schon jetzt in alle Entscheidungen für die kommende Saison eingebunden. Unser Ziel ist es, Kontinuität zu wahren und gleichzeitig neue Impulse sowie Netzwerke einzubringen.

Wann fiel die Entscheidung für diesen Wechsel?

Der Übergabeprozess wurde bereits vor rund eineinhalb Jahren angestoßen. Wir hatten das Glück, intern geeignete Persönlichkeiten zu finden, die das „Bregenz Handball Gen“ weitertragen. Lukas Frühstück übernahm im vergangenen Jahr die Jugendleitung, wir haben ein junges Trainerteam mit Marco Tanaskovic und Max Rinnerthaler aufgebaut, und mit Andreas Grabher-Meier ist ein langjähriger Bregenzer Handballer in den Vorstand gerückt – alles in enger Abstimmung mit Geschäftsführer Björn Tyrner, dem operativen Herz des Vereins. Es war also kein spontaner Schritt, sondern ein langfristig vorbereiteter.

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Abwehrspezialist Gregor Günther absolvierte zwischen Dezember 2000 und März 2009 insgesamt 47 Länderspiele im ÖHB-Männerteam und erzielte dabei neun Tore. GEPA

Die vergangenen Jahre waren turbulent: Corona, der Wegfall des Hauptsponsors – wie habt ihr das überstanden?

Es war definitiv eine herausfordernde Zeit. Aber dank unserer verlässlichen Partner konnten wir den Verein wirtschaftlich stabil halten – auch ohne Hauptsponsor. Das war jedes Jahr ein Kraftakt. Gleichzeitig haben wir Weichen für die Zukunft gestellt: mehr Fokus auf die Jugendarbeit, Ausbildung der Jugendtrainer, erste Öffnungsschritte der Handballakademie, Gründung eines Wirtschaftsrats. Manche infrastrukturellen Herausforderungen, etwa die Hallenkapazitäten, bleiben bestehen, aber wir bleiben dran – und das gilt auch für unsere Nachfolger.

Wie fällt die sportliche Bilanz aus?

Wir hatten tolle Momente: der Cuptitel 2022, der Gewinn des Supercups, das Viertelfinale im Europacup im vergangenen Jahr. In der HLA allerdings haben wir unser Ziel, ins Halbfinale einzuziehen, seit 2016 nicht erreicht – das müssen wir realistischerweise zugeben.

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Gregor Günther (r.) mit seinen beiden Brüdern Philipp (l.) und Matthias. GEPA

Wie läuft es im Nachwuchs- und Breitensport?

Sehr gut. Unsere Jugendarbeit trägt Früchte – in der HLA-Nachwuchswertung waren wir im Vorjahr österreichweit auf Platz zwei, knapp hinter den Fivers. Im Breitensport lebt der Verein, mit einer engagierten Herren-2-Mannschaft und einem jungen Damenteam, das ich selbst trainieren darf. Auch bei den Zuschauerzahlen sehen wir einen deutlichen Aufwärtstrend – das freut uns sehr.

Wie geht es für Sie persönlich weiter?

Ich bleibe dem Verein weiter eng verbunden, aber nicht mehr in der ersten Reihe. Ich freue mich darauf, mehr Zeit mit meiner Familie verbringen zu können.

„Der richtige Zeitpunkt für neue Kräfte“
Der zwei-Meter-Mann war ein unangenehmer, aber stets fairer Abwehrspieler. Hartinger

Sie waren über 35 Jahre in unterschiedlichsten Rollen bei Bregenz Handball aktiv: als Jugendspieler, HLA-Spieler, Abwehrchef, Champions-League-Teilnehmer, 47-facher Nationalteamspieler. An welche Erlebnisse denken Sie spontan zurück?

Jeder einzelne der insgesamt acht HLA-Meistertitel und vier ÖHB-Cup-Siege war für sich ein besonderer Moment. Aber wenn man als Kapitän zum ersten Mal den Meisterpokal in die Höhe stemmen darf, dann ist das einer dieser „Magic Moments“, die einem für immer im Gedächtnis bleiben. Auch die Europacup-Erfolge – insbesondere 32:31-Heimsieg im November 2005 gegen Magdburg im Champions-League-Gruppenspiel oder gegen Topteam wie Nordhorn oder Gudme – waren Highlights. Wenn man rückblickend bedenkt, welche Weltstars damals bei diesen Gegnern am Feld standen, war das schon eine beeindruckende Sache. Mit stolz erfüllt mich auch, dass ich beim allerersten Europacupsieg von Bregenz am 11. November 2000 in Prato dabei war. Unvergesslich natürlich auch mein Europacuptor in Moskau, als mir im Gegenstoß bei der Mittellinie die Schritte ausgegangen sind(lacht). Ein kleiner Insider für alle, die tief im Handball drin sind.

„Der richtige Zeitpunkt für neue Kräfte“
Sprungwurf von Gregor Günther bei einem seiner ersten HLA-Einsätze vor 25 Jahren, damals noch in der altehrwürdigen Sporthalle Schendlingen.

Was wünschen Sie Bregenz Handball für die Zukunft?

Dass das „Spiel des Lebens“ noch vielen Generationen Freude bereitet – und dass dabei Platz für neue Ideen bleibt. Unser aktuelles Budget liegt etwa 35 Prozent unter jenem Niveau, das wir in den erfolgreichsten Jahren von 2000 bis 2010 hatten. Aber der Verein ist wirtschaftlich gesund – und dies wird auch für die zukünftige Führungsriege immer oberste Priorität haben. Mit neuer Energie, innovativen Ideen, klaren Zielen und engagierten Menschen kann man viel bewegen. Dahingehend blicke ich sehr zuversichtlich in die Zukunft.