Wie aus einer Speerspitze ein ganzes Museum wurde

Guido Burtscher hat jüngst ein Buch mit alten Fotografien aus dem Großen Walsertal herausgebracht. Doch nicht nur alte Bilder sammelt er, sondern auch Gebrauchs- und Freizeitgegenstände von anno dazumal.
Raggal Am südlichen Ende von Raggal steht im Monatöbeli der Lärchenhof. Hier soll, so Guido Burtscher, der Besitzer des Hofes, jedes Jahr einen Monat lang das Schmelzwasser vom Berg geflossen sein, daher auch dieser Flurname. Aber nicht nur das ist das Besondere am Hof und seinem Besitzer, auch die umfangreiche Sammlung alter Bilder und Gerätschaften im umgebauten Stall zeugen von seinem Sammeleifer und damit auch von seinem Arbeitsgeist und der Fantasie seiner Walser Vorfahren.

Guido Burtscher, der hier mit seiner Frau Helga lebt, war schon als Bub keiner, der irgendetwas Altes wegwerfen konnte. Beim Bau des Elternhauses im Jahr 1948 in Raggal fand er beim Aushub eine Speerspitze, die er übrigens immer noch besitzt. Sie ist auch der Grundstock seiner Sammlung. Woher sie kam oder zu was sie verwendet wurde, ist allerdings unklar.

Auf den Alpen, auf denen er als Bub tätig war, wuchs auch das Interesse an allem, was mit seinen Vorfahren zusammenhing. Doch dann kam die Berufsausbildung als Zimmermann, und in weiterer Folge war er 49 Jahre in einem Hotelausstattungsbetrieb im Außendienst tätig.

Aber sein Interesse an alten Gebrauchs- oder Freizeitgegenständen ließ ihn nicht mehr los. Auch Truhen und Kästen hat er gesammelt, von denen er sich allerdings aus Platzgründen trennen musste. Im Laufe der Zeit hat er überdies 70 alte Fotoapparate sowie bäuerliche Heiligenbilder, alte Schreibmaschinen und Telefone bei sich aufbewahrt. Von seiner jahrelangen Jagdleidenschaft zeugen auch viele Trophäen an den Wänden des Hofes.

Aber nicht nur historisch Interessierte besuchen ihn, auch der „Dachbodenpirat“ von der TV-Sendung „Bares für Rares“ hat sich schon Guido Burtschers umfangreiche Sammlung angesehen.

Als Guido Burtscher in Pension ging, ging es erst richtig los. Hier hat er sich unter anderem auf das Sammeln alter Fotografien konzentriert. So besuchte er ältere Menschen im ganzen Walsertal, dazu auch Sammler wie ihn, lieh sich ihre alten Fotos aus, vergrößerte sie und rahmte sie ein. Über 100 Bilder hängen jetzt in seinem Haus: „Mir ist wichtig, dass die Bilder aus dem Leben im Großen Walsertal erhalten bleiben. Sie berichten über das Arbeitsleben auf dem Hof und den Alpen, über Geselligkeit und Brauchtum, kirchliche Anlässe, Gasthäuser und Verkehr, den Winter und vieles mehr. Bei vielen Bildern konnte ich auch die Namen der Personen eruieren.“
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Und so konnte er Ende letzten Jahres mit Otto Schwald, dem Obmann des Geschichtsvereins Bludenz, das Buch „Das Große Walsertal“, eine Bilderreise mit Bildern von 1890 bis 1970, herausgeben. Die über 500 Bücher der Erstausgaben waren im Handumdrehen vergriffen, daher plant er jetzt eine Neuauflage.

Immer noch ist er auf der Suche nach Antiquitäten. Auch die Arbeit mit Holz lässt ihn nicht los, und so gestaltet er Kunstwerke aus altem Holz. Wenn Helga ihn sucht, muss sie daher nur in der Werkstatt nachschauen.

Das Problem bei so einer umfangreichen Sammlung ist natürlich immer wieder die Frage, was einmal damit geschehen soll. Guido Burtscher wäre natürlich am liebsten, wenn die Sammlung im Großen Walsertal bleiben würde, damit sich auch jüngere Generationen ein Bild von ihren Vorfahren machen können. HAB

Zur Person
Guido Burtscher
Geboren: 22. November 1939
Wohnhaft: Raggal
Bildung: Volksschule in Raggal, Berufsschule in Bludenz
Beruf: Gelernter Zimmermann, war tätig als Außendienstmitarbeiter in einem Hotelausstattungsbetrieb
Familie: drei Mädchen und drei Buben