Verzweifelter Dieb vor Gericht: “Soll ich mich totsaufen?”

VN / 11.03.2024 • 08:00 Uhr
Gericht
Am Landesgericht Feldkirch saß ein 34-jähriger Oberländer vor Richterin Lisa Pfeifer. VN/Sohm

Ein besonders tragischer Fall von Beschaffungskriminalität wurde am Landesgericht Feldkirch verhandelt.

Von Paloma Mock

Feldkirch Der 34-jährige Angeklagte, der aufgrund finanzieller Schwierigkeiten und seiner Alkoholabhängigkeit vor Gericht stand, wurde für Einbruch in mehrere Kellerabteile und den Diebstahl von Alkohol im Wert von 1816 Euro verurteilt. Die Taten hatten sich zwischen März und Juli 2023 in Sulz zugetragen.

Finanzielle Not und familiäre Verpflichtungen

Bei der Verhandlung, an der Staatsanwalt Philipp Höfle und Verteidigerin Eren Gamze teilnahmen, kamen erschwerende persönliche Umstände des Beschuldigten ans Licht. Der 34-Jährige erschien verspätet zur Verhandlung und erklärte zunächst, er sei in Frühpension. Seine Verteidigerin Gamze stellte jedoch klar, dass er Notstandshilfe bezieht und täglich 56 Euro Reha-Geld erhält.

Eren Gamze
Die Verteidigerin des Angeklagten, Rechtsanwaltsanwärterin Eren Gamze. VN/Sohm

Ein Betreuer der Caritas begleitete ihn beim Prozess, denn der Angeklagte steht unter enormem Druck: Neben einem laufenden Insolvenzverfahren und Schulden von über 100.000 Euro muss der Oberländer auch für seine zwei Kinder im Alter von 12 und 9 Jahren Unterhalt zahlen. Dabei beläuft sich der monatliche Unterhalt auf 450 Euro und weitere 450 Euro, die er an den Staat zurückzahlen muss, da dieser bereits Unterhaltszahlungen vorab geleistet hatte.

Reue und Hoffnung auf Heilung

Richterin Pfeifer hinterfragte die Verhandlungsfähigkeit des 34-Jährigen, worauf er entgegnete: „Ich bin nüchtern“. Seine Alkoholabhängigkeit, Verwirrtheitszustände und Erinnerungslücken gestand er offen ein: „Ich glaube, dass ich die Taten begangen habe, kann mich aber nicht daran erinnern.“

Ab dem 7. März 2024 kündigte er eine Therapie im LKH Rankweil für zwei Wochen an, obwohl er sich eine Langzeittherapie wünscht – ein Wunsch, der aufgrund der langen Wartezeiten fürs Erstere unerfüllt bleibt. „Soll ich mich vorher totsaufen?“, fragte er in Anbetracht der verzweifelten Situation. Dennoch übernahm der Familienvater Verantwortung für seine Taten. “Ich bin nüchtern eigentlich ein feiner Kerl”, gab er zu verstehen und drückte seinen Wunsch nach Besserung aus.

Das Urteil

Der 34-Jährige hat bereits acht Entzüge hinter sich und kann weder richtig laufen noch stehen. “Mein Pfleger muss mich einmal in der Woche duschen und in die Badewanne steigen kann ich nicht”, schildert er seine triste Situation, zeigt aber dennoch Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme und zum Schadenersatz.

Der Angeklagte wurde zu drei Jahren bedingter Haft und 200 Tagessätzen à 4 Euro verurteilt, muss also eine Strafe in der Höhe von 800 Euro in 20 Raten von je 40 Euro zahlen und den Gesamtschaden von 1816 Euro begleichen. Zusätzlich erhält er einen Bewährungshelfer und muss eine stationäre Suchttherapie absolvieren. Das Urteil ist rechtskräftig.