Mordfall Janine G.: Was eine Verurteilung zu “lebenslang” bedeuten würde

VN / 07.06.2024 • 13:20 Uhr
Mordfall Janine G.: Was eine Verurteilung zu "lebenslang" bedeuten würde
Rechtsanwalt Stefan Denifl wird bei der Verhandlung im Schwurgerichtssaal als Privatbeteiligtenvertreter die Ansprüche der Angehörigen des Opfers einfordern. Hartinger/stadt Feldkirch

Prozesstermin nach der Bluttat in Lustenau ist nun fixiert.

Feldkirch Schon bald wird ein entsetzlicher Fall, in dem zwei Jahre lang ermittelt wurde, seinen Abschluss finden. Am 3. Mai 2022 wurde die 30-jährige Dornbirnerin Janine G. in einer Wohnung in Lustenau getötet. Vorsätzlich, wie die Erhebungen ergaben und wie es auch in der Anklageschrift angeführt ist.

In diesem Lustenauer Riedgraben wurde die Leiche der Ermordeten aufgefunden.  Hartinger
In diesem Lustenauer Riedgraben wurde die Leiche der Ermordeten aufgefunden.  Hartinger

Dringend tatverdächtig ist ein heute 27-jähriger Vorarlberger, der sich seit der Bluttat in Untersuchungshaft in der Justizanstalt Feldkirch befindet. Der zweite Tatbeteiligte, ein 21-jähriger Lustenauer, wird als weiterer Beschuldigter, vor allem aber als Kronzeuge gehandelt. Er war in jener furchtbaren Nacht in der Wohnung anwesend.

Prozess Ende Juli

Wie Opferanwalt Stefan Denifl den VN am Freitag bestätigte, ist der Termin für die Schwurgerichtsverhandlung jetzt konkret fixiert: Der Prozess findet am Dienstag, 30. Juli 2024, und am Mittwoch, 31. Juli, im Schwurgerichtssaal am Landesgericht Feldkirch statt. Die Verhandlung ist an beiden Tagen jeweils von 9 bis 19 Uhr anberaumt.

Mordfall Janine G.: Was eine Verurteilung zu "lebenslang" bedeuten würde

Vorsitzender Richter wird Christoph Stadler sein und öffentlicher Ankläger Staatsanwalt Markus Fussenegger. Der Hauptangeklagte wird von Rechtsanwalt German Bertsch, der Zweitangeklagte von Rechtsanwalt Sanyay Doshi vertreten.

Aussage gegen Aussage

Was den Fall etwas knifflig machen dürfte, ist der Umstand, dass der Erstangeklagte den Mord trotz einer erdrückenden Beweislage nach wie vor bestreitet und ihn dem Zweitbeschuldigten zuschiebt. Es steht also Aussage gegen Aussage.

Was bedeutet “lebenslang”?

Bei der Schwere der Tat steht durchaus eine Verurteilung zu lebenslanger Haftstrafe im Raum. Die letzte lebenslängliche Haftstrafe am Landesgericht Feldkirch ist Ende Juni 2023 über einen 37-jährigen türkischen Staatsbürger verhängt worden, der wegen Mordes an seiner Ehefrau verurteilt wurde (die VN berichteten).

Doch was bedeutet eine „lebenslange“ Haftstrafe im österreichischen Strafrecht eigentlich? Da die Frage erstaunlich wenig untersucht war, haben sich zwei Forscher der Johannes Kepler Universität Linz dem Thema angenommen. „Von Gesetzes wegen bedeutet eine lebenslange Freiheitsstrafe nicht zwingend, bis zum Tode inhaftiert zu sein. Ab einer Verbüßungsdauer von 15 Jahren ist eine bedingte Entlassung möglich“, so Alois Birklbauer (JKU Institut für Strafrechtswissenschaften) in einem Bericht der „Oberösterreichischen Nachrichten.“

Alois Birklbauer
Strafrechtsexperte Alois Birklbauer: “Entlassung nach 15 Jahren Haftstrafe möglich. Birklbauer

Nach 15 Jahren muss die Behörde prüfen, ob Gefängnisinsassen entlassen werden können. Später kann auch der Insasse Anträge auf bedingte Entlassung stellen. „Wird das genehmigt, folgt eine Probezeit von zehn Jahren. Es kann auch zusätzliche Auflagen geben, etwa ein Alkoholverbot oder verpflichtende Psychotherapie“, erklärt Helmut Hirtenlehner vom Institut für Procedural Justice.

Durchschnittlich 21 Jahre

Die beiden Strafrechtsexperten wollten herausfinden, wie lange „lebenslang“ in Österreich wirklich dauert. Die beiden Wissenschaftler analysierten dazu 140 Akten. Das Ergebnis: „Lebenslang“ bedeutet in Österreich eine durchschnittliche Haftdauer von 21 Jahren. Dazu verurteilt werden in Österreich jährlich rund zehn Personen, 150 Personen verbüßen derzeit in Österreich eine „lebenslange“ Freiheitsstrafe. Von den 140 untersuchten Akten betrafen 96 Prozent Männer, Mord machte 99 Prozent der Verurteilungen aus. Im Schnitt kamen auf eine Person fünf Entlassungsverfahren, sodass insgesamt rund 700 gerichtliche Entscheidungen untersucht wurden.

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Rund 150 Personen verbüßen derzeit in Österreich eine “lebenslängliche” Haftstrafe. symbol/vn/paulitsch

Zehn Prozent nach 33 Jahren

„20 Jahre nach Strafantritt befinden sich noch 56 Prozent der zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilten Personen in Haft. Der Anteil der Häftlinge sinkt bis zum 25. Strafjahr auf 27 Prozent, 33 Jahre nach Strafbeginn befinden sich noch 10 Prozent der ,Lebenslangen‘ in Haft“, so Birklbauer. „Die höchsten Chancen freizukommen hat man zwischen dem 17. und dem 23. Inhaftierungsjahr“, erläutert Hirtenlehner.

Die geringsten Entlassungschancen haben Personen, die aufgrund von Sexualmord verurteilt wurden. Wer vor der lebenslangen Haft schon andere Freiheitsstrafen verbüßen musste, hat ebenfalls schlechtere Chancen auf Entlassung. Großen Einfluss auf das Ergebnis hat die Staatsanwaltschaft.

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