Schwerste Verbrennungen durch geplatzte Wärmeflasche

65-jährige Frau verbrühte sich und ging vor Gericht, nach zwei Urteilen bekam sie Recht.
Bregenz Der Ehemann einer Unterländerin kaufte eine handelsübliche Gummiwärmflasche. Und zwar in einem Supermarkt in Lustenau. Über drei Jahre lang leistete sie gute Dienste und wärmte der 65-Jährigen den Rücken. Doch dann, als sie es sich eines Abends mit der Wärmflasche auf der Couch gemütlich machte, spürte sie plötzlich zwischen Hüfte und Rücken einen brennenden Schmerz.
Der Grund: Die Flasche war geplatzt und das heiße Wasser ergoss sich über den Körper der Frau, obwohl die Flasche obenauf lag und nicht gequetscht wurde. Die 65-Jährige erlitt schwerste Verbrennungen. Das Ehepaar hielt den Importeur der aus China stammenden Flasche für den Schuldigen und klagte gegen die Handelsgesellschaft. Dafür mussten die Vorarlberger und deren Anwalt Daniel Wolff nach Oberösterreich reisen, weil nach Prozessrecht dort der Gerichtsstand für den Rechtsstreit war. Die Importgesellschaft hat dort ihren Firmensitz.
Techniker am Wort
Der Sachverständige Günter Schmatz, Ingenieur für Kunststofftechnik, wurde beauftragt, die geplatzte Wärmflasche zu untersuchen. Rein optisch fiel auf, dass der Gummi sich hart und weniger „gummig“ anfühlte und auch eine rissige spröde Oberfläche aufwies. Die Wärmflasche war circa dreieinhalb Jahre alt. Der Experte entnahm fünf Materialstreifen und untersuchte die Kautschukproben.
Danach schrieb er seine Feststellungen in einem zwölfseitigen Gutachten nieder. Das Gericht konnte aufgrund der Expertise einen Produktionsfehler ausschließen. Als Ursache blieben laut Experten nur eine unsachgemäße Reinigung und Pflege durch die Besitzer übrig. Die bestritten diesen Vorwurf bis zum Schluss. Das letzte Wort hatte aber das Gericht, das sich auf den Sachverständigen stützte. Doch damit war die Haftungsfrage nicht geklärt. Vielmehr ging es darum, ob der Hersteller nicht eine Instruktionspflicht verletzte und einen entsprechenden Warnhinweis unterließ.
Hinweis auf Gefahrenquellen
Daniel Wolff, Rechtsanwalt der Klägerin, räumt ein, dass im Beipackzettel auf verschiedene Gefahrenquellen hingewiesen wurde, dass die Flasche beispielsweise weder im Backofen noch in der Mikrowelle erwärmt werden darf. Doch seine Mandantschaft hatte laut Gutachten etwas anderes „falsch“ gemacht. Die Wärmflasche war mit Desinfektionsmittel oder anderen scharfen, säurehaltigen Reinigungsmitteln geputzt und zudem zeitweise in der Sonne gelagert worden. Bei dieser Kombination kann ein Gummiprodukt bereits nach wenigen Tagen Schaden erleiden.
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Vergleich geschlossen
„Der Sachverständige führte aber aus, dass es als Laie unzumutbar ist, über diese schädigenden Einflüsse Bescheid zu wissen“, so Wolff. „Demnach liegt ein haftungsbegründender Instruktionsmangel nach dem Produkthaftungsgesetz vor. Die Haftung trifft somit den Importeur“, zitiert Wolff aus dem Urteil, welches in zweiter Instanz auch bestätigt wurde. Nach Einholung eines unfallchirurgischen Gutachtens schloss man einen Vergleich über 18.500 Euro. Diese Summe wurde der Verletzten ausbezahlt. Ihre Prozesskosten wurden zu einem großen Teil ebenfalls übernommen. Ein kleiner Trost dafür, dass sie monatelang von den großflächigen Verbrennungen Schmerzen hatte und das Bett hüten musste.
Kuriose, aber offenbar notwendige Warnhinweise:
Verpackungstüten aus Plastik: Nicht über den Kopf stülpen. Erstickungsgefahr
Mikrowelle: Netzanschlussleitung nicht in der Gerätetüre einklemmen
Backofen: Verletzungsgefahr durch heiße Oberflächen. Der Backofen wird beim Betrieb heiß.
Fonduegeschirr: Vorsicht, Personen mit reduzierten mentalen Fähigkeiten dürfen das Gerät nur unter Aufsicht verwenden.