Staatsanwälte, Richter und Polizisten: Welche Rolle sie in der Führerschein-Causa spielen

Vorarlberg / 19.08.2025 • 15:05 Uhr
Staatsanwälte, Richter und Polizisten: Welche Rolle sie in der Führerschein-Causa spielen

Eine exklusive VN-Recherche zeigt, wie das Prüfer-Netzwerk funktioniert, wer profitiert, um welche Summen es dabei geht und warum Sachverständigen-Gutachten in den Fokus rücken.

Bregenz VN-Enthüllungen in den letzten Tagen lassen hinter nicht bestandenen Fahrprüfungen in Vorarlberg ein regelrechtes Geschäftsmodell auf dem Rücken von Fahrschülern vermuten. Immer neue Details haben diesen Verdacht erhärtet. Die Zuständigkeit für Fahrprüfungen liegt bei der Verkehrsrechtsabteilung des Landes. Bei einem der Behördenmitarbeiter, der formal gar nicht für das Fahrschulwesen zuständig wäre, laufen alle Fäden zusammen. Er soll, wie mehrere Quellen bestätigen, ein Netzwerk an Sachverständigen etabliert haben, das sich mit Fahrprüfungen ein lukratives Zubrot verdient. Polizisten in leitenden Funktionen, Richter, Landesbedienstete und Staatsanwälte schaffen es zu Nebeneinkünften von jährlich bis zu 50.000 Euro. Das geht aus einer den VN vorliegenden, vertraulichen Liste zu Vergütungen hervor. Ganz ohne mögliche Gegenleistungen dürften einige der Prüfer unterdessen nicht Teil des “erlesenen Kreises” geworden sein, wie weitere Recherchen jetzt vermuten lassen. Beziehungen sind demnach gut fürs Geschäft.

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Immer stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit gerät jetzt jener Behördenmitarbeiter, der als Kopf des Prüfernetzwerkes gilt. Der Landesbedienstete, der im Vorjahr als Fahrprüfer selbst zu einem Nebenverdienst von 11.788 Euro kam, darf sich über weitere üppige Zusatzeinkünfte freuen. Er ist Verkehrstechnischer Sachverständiger und gut ausgelastet, wie Recherchen zeigen. Der Geschäftssinn des Mannes scheint ausgeprägt. Seit Jahren begleitet er die Exekutive etwa bei Schwerpunktkontrollen. Das schildern in die Vorgänge involvierte Personen jedenfalls den VN. Fällt der technische Zustand eines Fahrzeuges negativ auf, ist also Gefahr in Verzug, nimmt das Geschäftsmodell des Sachverständigen Fahrt auf. Es wird erhoben, welche Werkstätte die Prüfplakette nach Paragraf 57a ausgegeben hat und Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Von dort gibt es dann den Sachverständigen-Auftrag.

Staatsanwälte, Richter und Polizisten: Welche Rolle sie in der Führerschein-Causa spielen

Die Jagd auf die Pickerl-Sünder scheint lukrativ. Insider beziffern das “Auftragsvolumen” für den Gutachter mit 2500 bis 3500 Euro. Kaum weniger lukrativ ist der Nebenjob als Fahrprüfer. Insgesamt gehören dem Sachverständigen-Team auch drei Staatsanwälte an. Bei einem fällt der Nebenverdienst besonders hoch aus. In den drei letzten Abrechnungsjahren, die den VN vorliegen, summieren sich die Einkünfte auf 100.047 Euro. Seit 2018 waren es über 240.000 Euro.

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Die überwiegende Zahl der Fahrprüfer sind Polizisten in leitenden Positionen. Gegenseitige Interessen lassen sich auch hier ausmachen. In die Vorgänge eingeweihte Personen schildern den VN unabhängig, dass zu Unfällen mit Verdacht eines strafrechtlichen Tatbestandes auffällig häufig jener verkehrstechnische Gutachter gerufen wird, der dem Prüfer-Netzwerk vorstehen soll. Der Auftrag erfolgt auch in diesen Fällen von der Staatsanwaltschaft. Abgerechnet wird nach dem Gebührenanspruchsgesetz. Die Stundensätze liegen demnach zwischen 65 und 125 Euro. Auch sollen einzelne Polizisten beim Verdacht auf ein fahruntaugliches Fahrzeug direkt den Kontakt mit dem Sachverständigen-Gutachter suchen.

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Vom Landeshauptmann wurden insgesamt 31 Sachverständige für Fahrprüfungen berufen. Bei einigen gibt es augenscheinlich abseits dieser Tätigkeit eine Verbindung mit jenem Mitarbeiter, der im Prüfer-Netzwerk die Fäden zieht. Das Geschäft mit den nicht bestandenen Fahrprüfungen wirft auch deshalb immer neue Fragen auf.

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Der leitende Staatsanwalt sieht bisher keinen Grund, amtswegig in der Sache tätig zu werden, wie es auf Anfrage der VN hieß. Unterdessen hat das Oberlandesgericht Innsbruck “bereits Schritte zur Überprüfung der Vertrauenswürdigkeit des Sachverständigen eingeleitet”. Gleichzeitig verweist es darauf, dass derzeit kein Richter des Landesgerichts als Fahrprüfer tätig sei. Im Vorjahr war das allerdings anders. Damals war, die VN berichteten, ein Richter mit besonders hohen Durchfallquoten aufgefallen. Zudem sind noch immer zwei Richter des Landesverwaltungsgerichts Teil des Fahrprüfer-Teams.