Der Zweitangeklagte: “Ich hatte eine Riesenangst, dass er auch mich tötet!”

Wie erwartet, schildert der Zweitbeschuldigte eine völlig andere Sicht der Dinge als der Hauptverdächtige. Sie ist vielmehr völlig konträr. Er lastet dem Erstangeklagten seinerseits “kaltblütigen Mord” an.
Feldkirch Nach der Einvernahme des 28-jährigen Erstangeklagten, der ihm den Mord von Janine G. zuschiebt, sorgt der 22-jährige Zweitbeschuldigte zunächst für eine Überraschung. Hatte er doch zunächst angekündigt, sich beim Prozess seiner Aussage zu enthalten und sich auf das Einvernahme-Protokoll der Polizei zu berufen. Doch es kommt anders. Er legt ein Schriftstück auf das Anklagepult.
“Fühle mich schuldig”
Und beginnt, daraus zu lesen: “Die Ereignisse vom 3. März 2022 haben alles verändert. Sie haben mich verändert. Janine G.’s Eltern haben ihr Kind verloren, ihr Bruder seine Schwester. Ich möchte mich bei Janine entschuldigen, ich möchte mich bei ihren Eltern entschuldigen. Auch wenn ich damals nichts tun konnte, ich fühle mich schuldig.”
Schuldig des Mordes? “Nein!” beharrt der 22-Jährige darauf, dass der wahre Mörder bei dieser Verhandlung hinter ihm sitzt. Er selbst habe Janine G. vor der Tat noch nie gesehen. “Wir haben etwas mit Kollegen ausgemacht, da wurde ich von ihr mit einem Pkw abgeholt. Ich und der Erstangeklagte, Janine und ein weiter Bekannter haben zunächst getrunken, dann fuhren wir zu dritt in meine Wohnung in Lustenau. Dort wurde von uns weiter Alkohol konsumiert, aber auch Gras und Kokain.”
“Eine surreale Situation”
Dann sei es geschehen. “Es war eine surreale Situation, wie man sie nur aus dem Film kennt”, bezeichnet es der Angeklagte. Janine und der Erstangeklagte hätten sich zunächst in der Garderobe unterhalten. Dann habe der Hauptverdächtige die Worte fallen lassen: “Ich breche ihr jetzt das Genick.” Er selbst habe gedacht, dass dies als Scherz gemeint sei. “Doch dann sah ich den kalten Ausdruck in seinen Augen, als er sie tatsächlich packte.”
Es sei “kaltblütiger Mord” gewesen, was dann geschah, schildert der 22-Jährige anschließend so detailreich wie erschütternd. “Er hat sie am Boden gewürgt und ‘stirb endlich`gerufen”, so seine Aussage. “Schließlich bewegte sie sich nicht mehr. Wie lange es dauerte, kann ich nicht sagen. Nur, dass es eine Ewigkeit war.”
Janine G. war tot. Auch der Zweitangeklagte geht von Schulden als Motiv aus. So genau wisse er es nicht. Schließlich habe er den Hauptverdächtigen damals selbst erst vor vier Monaten kennengelernt und nur sporadisch getroffen. Dann habe man die Leiche gemeinsam in die Tiefgarage getragen und dort auf den Rücksitz gelegt, sodass es aussah, als würde das Opfer nur schlafen.
“Ohnmächtig vor Angst”
“Warum haben Sie die Tat nicht verhindert?”, will der vorsitzende Richter Christoph Stadler von ihm wissen. “Ich hatte eine Riesenangst, dass er auch mich tötet! Er hat mir damit gedroht, mich umzubringen, wenn ich ihm nicht helfe”, beschwört der Befragte. Bei der Ablegung der Leiche im Lustenauer Ried sei er allerdings nicht zugegen gewesen, behauptet der 22-Jährige. Er sei ohnmächtig vor Angst gewesen. Aber auch vor den Schuldgefühlen, die ihn danach belasteten. “Zwei Tage danach habe ich einem Kollegen auf einer Geburtstagsparty davon erzählt. Doch erst nach meiner Aussage vor der Polizei fühlte ich mich befreit”, so der Zeitbeschuldigte weiter.