
“Endlich wieder schmerzfrei”
Zwischen Junioren-WM-Titel und Verzweiflung, doch jetzt greift Österreichs Ski-Nachwuchshoffnung bei den Frauen, Victoria Olivier (20), wieder voll an.
Dornbirn Es war ein einschneidender Moment, an jenem Oktobertag 2022, als das Kreuzband im linken Knie riss und Victoria Olivier schon in jungen Jahren – damals noch als 18-Jährige – auf ihrem sportlich nach oben zeigenden Weg einen herben Rückschlag verdauen musste. Zwei Jahre danach, hat sie ihr Lächeln und ihren jugendlichen Angriffsgeist wiedergefunden, wenn heute am Rennhang in Sölden die internen Qualifkationsläufe für das ÖSV-Aufgebot zum Weltcupstart am 26./27. Oktober beginnen.

Kurz vor der Abreise blickte die Heeressportlerin, die im Olympiazentrum aktuell ihre “zweite Heimat” gefunden hat, im VN-Gespräch noch einmal zurück, ohne dabei den Fokus auf die Zukunft zu verlieren.
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Verletzung? “Wir haben alles ein wenig unterschätzt”, gesteht Olivier. Erst mit der zusätzlichen Diagnose Patellaspitzensyndrom habe die Reha positiv Fahrt aufgenommen. Mit einer Einschränkung: Waren diese Schmerzen aufgrund von Überbeanspruchung erst nur am rechten Knie aufgetreten, so reagierte später auch das operierte. Deshalb schnallte die 20-Jährige nach den österreichischen Meisterschaften im April die Skier bewusst für zwei Monate ab. Galt es doch, den Kopf freizubekommen und die richtige Balance im Training zu finden. Alternative Methoden für das Konditionstraining hat sie mit ihrem Konditionstrainer im Olympiazentrum gefunden, um die “Schmerzen” im Kopf und Knie in den Griff zu bekommen. Seit gut zwei Monaten lächelt Olivier endlich wieder schmerzfrei. “Sonst fährt es im Kopf immer mit”, weiß die Abfahrts-Juniorenweltmeisterin von 2024 genau, wovon sie spricht.

„Der Fokus liegt auf dem Riesentorlauf, in meinen Augen ist es die Kerndisziplin.“
Victoria Olivier (20), vor dem Start in die neue Saison
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Spezialisierung bezüglich Disziplinen? “Ich will alles fahren”, lautet der selbstbewusste Satz der Auerin auf die Frage Speedrennen oder doch technische Disziplinen. “Der Slalom ist für mich genauso wichtig wie die Abfahrt. Aus jeder Disziplin kannst du etwas rausholen”, ist Oliver überzeugt und erteilt allen eine Absage, die sie nach dem Weltcupdebüt in Saalbach gerne als Speedfahrerin gesehen hätten. “Das ist auch mit unserem Trainer Michael Rahm so abgesprochen. Ich bin froh, dass ich mich so entschieden habe”, sagt sie und nennt Mikaela Shiffrin als Vorbild. “Sie ist bei den wenigen Speedrennen auch immer schnell unterwegs.” Gerade der Slalomschwung benötige, so Olivier, aufgrund der ausgefeilten Technik viele Trainingstage.

Fokus auf Europacup gerichtet
Der Gedanke, in allen Disziplinen an den Start gehen zu können, lässt ihr auch den nötigen Spielraum, sich über den Europacup einen Fix-Startplatz im Weltcup zu sichern. Noch muss die Bregenzerwälderin in Sölden für einen solchen Startplatz durch die Quali-Mühle, weshalb sie den Europacup aktuell als ihr “Spielfeld” und Sprungbrett ansieht. Ihr Ziel, ein “Top-3-Platz in der Disziplinenwertung” sei durchaus ambitioniert, doch dafür hat sie über den Sommer nicht nur in konditioneller und skitechnischer Hinsicht gearbeitet. Zusammen mit ihrer Mentaltrainerin hat sie Vergangenes aufgearbeitet, um auch im Kopf “stabiler zu sein”. Dies sei umso wichtiger, da sich die Kreuzbandverletzung ein zweites Mal jährte. Schließlich wartet auf die bislang dreifache Medaillengewinnerin aus Vorarlberger Ende Februar 2025 in Tarvis ihre dritte Junioren-Weltmeisterschaft.

Elternhaus? “Wir sind alle Denker, ja Überdenker”, spricht es Olivier an und kann gleichzeitig lächeln, wenn sie präzisiert: “Das Streben nach Perfektion liegt in unserer Familie. Das ist absolut gut, ansonsten passiert keine Weiterentwicklung. Allerdings ist die Gefahr, sich dabei ins Knie zu schießen, auch gegeben.” Doch die angehende Allroundlerin weiß die Unterstützung, die sie und ihr Bruder – Christopher Olivier (18) hat einen Profivertrag bis 2026 beim VfB Stuttgart unterschrieben und stand zuletzt im Kader für die Champions League (“Ich habe es erst ganz spät erfahren”) – durch die Eltern erhalten haben, sehr zu schätzen. “Sie haben uns zum Ski-, später dann Christopher noch zum Fußballtraining gefahren und uns dabei stets unterstützt. Mein Papa stammt ja aus Südafrika und hat hier erstmals Schnee gesehen. Er hat sich jedoch schnell mit dem Skisport identifiziert, sich dann voll eingelesen und lange Zeit meine Skier präpariert.”

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Bruder und Fußball? “Derzeit sind unsere Begegnungen spontan, wir geben uns die Türklinke in die Hand. Ich freue mich sehr mit ihm. Fußball und Ski sind doch zwei verschiedene Welten, auch wenn wir als Leistungssportler alle für unsere Ziele trainieren. Fußball ist einfach ein Weltsport.”

Skifahren, ein Einzel- oder Teamsport? “Mit der Verletzung habe ich so richtig realisiert, dass es ein Teamsport ist. Nur die ein bis zwei Minuten am Renntag bist du allein, ansonsten bist du immer mit dem Team zusammen. Passt es da nicht, kannst du auch keine Leistungen abrufen.”