Hohe Investitionskosten durch Klimawandel: „Die Wegerhaltung wird immer mehr“

VN / 05.11.2024 • 16:06 Uhr
Hohe Investitionskosten durch Klimawandel: „Die Wegerhaltung wird immer mehr“
Auch in Vorarlberg sind die Investitionen in Wege und Hütten hoch und steigen jährlich weiter an, wie Michael Mathis, Geschäftsführer des Alpenvereins Vorarlberg, berichtet. VN/JUN, Alpenverein Vorarlberg

Michael Mathis, Geschäftsführer des Alpenvereins Vorarlberg, berichtet, dass allein der Alpenverein Vorarlberg in den nächsten acht Jahren 5,5 Millionen Euro in Wanderwege und Schutzhütten investieren muss. Der Klimawandel verschärft die finanzielle Lage der alpinen Vereine Österreichs.

Region Der vergangene Bergsommer hat gezeigt, was der Alpenverein schon länger prophezeit. Durch die Wetterextreme steigen die Instandhaltungskosten für die Wege und Hütten. Daher haben die alpinen Vereine Österreichs eine Petition gestartet: „Notruf aus den Alpen: dringender Appell zur Rettung alpiner Schutzhütten und Wanderwege“. Sie fordern ein finanzielles Rettungspaket in der Höhe von 95 Millionen Euro, um Schutzhütten und Wanderwege zu bewahren.

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Der Bilkengrad-Übergang vom Gauertal zur Tilisuna-Hütte musste ebenfalls neu angelegt werden.

Der Alpenverein Vorarlberg betreut sieben Schutzhütten, die zwar alle auf einem technisch guten Stand sind, jedoch in den nächsten fünf bis acht Jahren hohe Investitionskosten verursachen. „Bei drei Schutzhütten müssen wir die Kläranlage erneuern“, sagt Michael Mathis, Geschäftsführer des Alpenvereins Vorarlberg. Als Erstes ist das Freschen-Haus dran, das eine vierstufige, halbbiologische Kläranlage bekommt. 2026 wird dann die Kläranlage auf der Sarotla-Hütte erneuert und danach die auf der Heinrich-Hueter-Hütte. 300.000 bis 400.000 Euro kostet eine Kläranlage. Zudem sind die Materialseilbahnen vom Freschen-Haus und von der Frassen-Hütte veraltet und müssen neu gebaut werden.

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Eine neue Steganlage führt von der Saluveralpe zum Freschen-Haus.

Arbeitsintensiv ist vor allem das Sarotlatal. „Im Sarotlatal haben wir jährlich enorme Instandhaltungskosten – und das nur bis zur Hütte“, so Michael Mathis. Nach dem Winter sind oftmals die Brücken beschädigt, die immer wieder instandgehalten werden müssen. Eine bestehende Holzbrücke, die bereits in Schieflage geraten ist, muss dringend durch eine Stahlhängebrücke ersetzt werden. „Wir sind immer auf Partner- und Sponsorensuche“, wirbt Michael Mathis um Spender. Zu allem Übel stürzte kurz nach Saisonschluss der Sarotla-Hütte ein Baum auf den Wanderweg. Dieser wird im Frühjahr zersägt und abtransportiert, damit der Wanderweg wieder begehbar ist.

Steigende Kosten für Wegerhaltung

„Die Wegerhaltung wird immer mehr“, betont Michael Mathis. „Vor fünf Jahren sind wir mit 100.000 Euro noch gut über die Runden gekommen, jetzt brauchen wir schon bis zu 200.000 Euro.“ Die Wanderwege sind für alle da, deren Erhaltung somit ein Dienst für die Allgemeinheit. Das gesamte Wegenetz in Vorarlberg ist 6.400 Kilometer lang, davon sind 2.800 Kilometer rot-weiße Wanderwege und 280 Kilometer alpine (blau-weiße) Wege. Für die Erhaltung der Wanderwege sind die Gemeinden verantwortlich, aber „wir machen viel für die Gemeinden, da diese auf unser Know-how zurückgreifen“, sagt Michael Mathis.

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Eine Brücke im Sarotlatal musste ebenfalls neu gemacht werden.

Der Alpenverein Vorarlberg hat einen eigenen Wegetrupp, der von Anfang Juni bis Anfang Oktober hauptberuflich die Wege herrichtet. „Da sind wir mit fünf Wegewarten recht gut aufgestellt“, sagt Michael Mathis. Sie richten Schäden, schlagen Trittstufen, fällen Bäume, bringen Seilversicherungen an und bauen Steganlagen wie heuer bei der Saluveralpe. Die ehrenamtlichen Wegewarte gehen mindestens einmal in der Saison den Weg ab, dokumentieren seinen Zustand und setzen diesen, falls notwendig, wieder instand. Auch schauen sie auf die Beschilderungen und Markierungen.

Michael Mathis, Geschäftsführer Alpenverein Vorarlberg
Michael Mathis, Geschäftsführer des Alpenvereins Vorarlberg, wirbt um Spender und Förderer: „Hilfe kann der Alpenverein Vorarlberg von allen gebrauchen, der erste Schritt könnte eine Mitgliedschaft sein.“

Viele Hangrutsche

Heuer war der Klimawandel deutlich zu spüren: „Beim Bösen Tritt kamen nach einem Schlagwetter Gesteinsmassen herunter und haben das Stahlseil mit ausgerissen. Der Weg war voller Steine“, berichtet Michael Mathis. Daraufhin hat der Wegetrupp den Weg bereinigt und das Stahlseil neu gezogen. „Solche Überraschungen haben wir öfters gehabt.“ Beim reaktivierten Hinterbergweg von Außerbraz zur Alpe Els ist im Tobel „alles abgerutscht“, sodass ein Teil der Weganlage neu hergestellt werden musste. Auch am Zafernhorn war nach dem Winter die komplette Weganlage weggebrochen. „Wir hatten viel Schnee. Es war nur schlechtes Wetter. Die Hänge können das Wasser nicht mehr aufnehmen und rutschen ab.“ Der Schwarzhornsattel ist genauso weggerutscht wie der Weg auf das Gweiljoch.

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Im Stütztobel unterhalb des Zafernhorns wurde eine neue Steiganlage errichtet.

Eine Soforthilfe des Bundes in Höhe von drei Millionen Euro ist bereits an den ÖAV, ÖTK und an die Naturfreunde geflossen. Doch allein der Alpenverein Vorarlberg bräuchte in den nächsten acht Jahren 5,5 Millionen Euro. „Was wir einnehmen, geben wir direkt wieder aus“, weiß Michael Mathis. „Wir wollen die Berge für jeden zugänglich machen. Doch ohne Fördermittel ist das gar nicht mehr möglich, denn dann müssten wir die Schutzhütten zusperren.“ Auch die Wanderwege würden sukzessive wegfallen, wenn niemand mehr sie instandhält.

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Beim Schwarzhornsattel in Richtung Tilisuna-Hütte ist der ganze Hang abgerutscht.