“Das ist eine Tragödie für den Landwirt”

Landwirtschaftslandesrat Christian Gantner zum bisher größten TBC-Fall in einem Vorarlberger Betrieb.
Bregenz Obwohl die Keulung des gesamten Bestandes eines Betriebs mit 107 getöteten Tieren im Land bisher einzigartig ist, sieht Landwirtschaftslandesrat Christian Gantner nun Licht am Ende des Tunnels.
Herr Landesrat, wie ordnen Sie diesen massiven TBC-Fall in Schwarzenberg ein?
Wenn jemand selbst Landwirt ist, so wie ich, dann trifft einen solch ein Fall ganz besonders und persönlich. Es ist für jede Landwirtin, jeden Landwirt eine Tragödie, den gesamten Tierbestand zu verlieren. An so einem Punkt endet die ganze Züchtungsgeschichte einer Familie, die über Generationen genau jene Tiere gezüchtet hat, die sie wollte und zu ihrem Betrieb passt. Das geht weit über den finanziellen Schaden hinaus, wogegen man ja was machen kann.

Haben wir durch die Ausbreitung des TBC-Geschehens auf den Bregenzerwald eine neue Dimension der Gefahr erreicht?
Es wurde noch nie ein Betrieb in so einer Größe voll erwischt, das stimmt. Was die Ausbreitung der TBC im Bregenzerwald betrifft, sehe ich jedoch eine leichte Entspannung. Wir haben jetzt 50 Prozent der Kontaktbetriebe untersucht. Von 302 untersuchten Tieren waren 297 negativ. Bei fünf weiteren Tieren muss es zur abschließenden Klärung zu einer diagnostischen Tötung kommen.
Welche Sofortmaßnahmen sind vor dem Hintergrund des aktuellen Geschehens möglich?
Als Sofortmaßnahmen sperren wir unverzüglich die betroffenen Betriebe. Des Weiteren werden alle Verkehrswege jedes einzelnen Tieres dieser Betriebe rekonstruiert. Das geschieht per Knopfdruck auf einer Datenbank. Jedes Tier, das von einem zu einem anderen Ort transferiert wird, braucht dafür einen Viehverkehrsschein. Das heißt: Man weiß genau, wo es zu welchem Zeitpunkt war. Diese Überprüfungen werden akribisch genau durchgeführt.
Alpung und Viehverkehr sind die mutmaßlichen Ansteckungsquellen. Muss man für diese Bereiche von Viehansammlungen nicht gänzlich neue Maßnahmen überlegen?

Wir wissen ganz genau, in welchen Bereichen der Alpung das größte Risiko besteht. In diesen Beobachtungsgebieten werden auch ausnahmslos alle Tiere getestet. Wir versuchen darüber hinaus, das Risiko einer Ansteckung so gut es geht zu minimieren. Das betrifft zum Beispiel die Positionierung von Lecksteinen sowie die Koordination mit Jagdverantwortlichen, die in Risikogebieten den Jagddruck auf das Wild erhöhen und es so davon abhalten sollen, mit Vieh zusammenzutreffen. Die Weiterverbreitung des Erregers findet jedoch hauptsächlich in den Heimatbetrieben und natürlich auch beim Viehverkehr statt. Was genannte Viehansammlungen auf Alpen und Viehausstellungen betrifft, sehen wir derzeit keine Notwendigkeit, diese im Nutztierbereich zu verbieten.
Wie kann das Land den betroffenen Landwirten helfen?
Wir stehen den Landwirten finanziell natürlich zur Seite. Und zwar sowohl vom Land als auch von der Landwirtschaftskammer. Auch der Bund trägt seinen Anteil zur Entschädigung bei. Aber wie ich schon sagte: Den emotionalen Schaden für die betroffene Familie kann niemand ersetzen.
Wird es aufgrund der offensichtlich bestehenden Infektionsgefahr konzentrierte Rotwildtötungen in Regulierungsgattern geben?
Durch die weiteren Untersuchungen soll erst einmal geklärt werden, wo es zur Ansteckung der Nutztiere gekommen ist. Rotwildtötungen in Regulierungsgattern sind aktuell keine vorgesehen. In den bekannten Gebieten müssen die Rotwild-bestände jedoch wesentlich und nachhaltig reduziert werden.
Wie steht Vorarlberg bezüglich Rinder-TBC im Vergleich mit benachbarten Regionen da? Gibt es da einen Austausch?
Wir sind durch die Veterinärbehörde im engen Austausch mit den Nachbarregionen. Was die TBC-Situation betrifft, macht diese vor Landesgrenzen nicht halt. Wir gehen davon aus, dass zumindest die Nachbarregionen mindestens im selben Ausmaß betroffen sind. Die Untersuchungsdichte ist in Vorarlberg – im Sinne der Wild- und Nutztiergesundheit – jedoch sicher eine sehr hohe.