Warum Christof Bitschi an S 18-Verfahrensstart 2027 glaubt

VN / 27.01.2025 • 15:25 Uhr
Interview Christof Bitschi
Interview Christof Bitschi

Der neue Verkehrslandesrat will auch die kritischen Stimmen hören, hält am Projekt Bodensee-Schnellstraße jedoch fest.

Bregenz Die S 18, aktuell in Form einer Ostumfahrung Lustenau (CP), ist eine unvollendete Geschichte. Kommt sie? Kommt sie nicht? “Sie kommt”, ist der neue Verkehrslandesrat und Landesstatthalter Christof Bitschi (33) überzeugt. Auch wenn die Volksbefragung in Lustenau dem Projekt eine Absage erteilte.

Herr Landesrat, wie steht es um die aktuelle Entwicklung der geplanten Bodensee-Schnellstraße?

Bitschi: Das Thema ist alt, und in diesem Zusammenhang kommen in Lustenau verschiedene Themen zusammen: S 18, die Rheinbrücke, die neue Fahrradbrücke. Für mich als Verkehrslandesrat gilt es dabei, einen gesamtheitlichen Zugang zu verfolgen. Es wirken diesbezüglich noch die teils peinlichen Entwicklungen der letzten Jahre rund um die Diskussionen von Frau Gewessler mit der Schweiz nach. Da sind die Schweizer nach wie vor überrascht von der Ausarbeitung von Modellen ohne Miteinbeziehung mit ihnen. Dass die Frau Gewessler eine Variante ausgearbeitet hat, die klar ausgeschlossen wird. Das hat der Diskussion nicht geholfen. Jetzt ist es wichtig, dass wir auf Bundesebene wieder Entscheidungsträger haben, die eine positive Entwicklung herbeiführen. Und dann ist es meine Aufgabe, die Interessen des Landes unter einen Hut zu bekommen.

Warum Christof Bitschi an S 18-Verfahrensstart 2027 glaubt

Die Rahmenbedingungen haben sich also komplett verändert?

Auf jeden Fall. Frau Gewessler hat Verkehrsprojekte mit aller Kraft bekämpft. Mit einem neuen Minister, einer neuen Ministerin wird wieder frischer Wind in die Debatte hineinkommen.

Stichwort personelle Veränderungen. Wie hat sich die Übergabe des Verkehrsressort von Ihrem Vorgänger Marco Tittler zu Ihnen gestaltet?

Bitschi: Es war eine fließende Übernahme. Es ist ja so, dass wichtige Verkehrsprojekte sehr viel mit Wirtschaft zu tun haben. Zum Beispiel der Güterbahnhof Wolfurt. Es gibt zwischen dem Wirtschaftslandesrat und mir laufend Abstimmungen und auch eine gemeinsame Position nach außen, was Wirtschafts- und Standortpolitik anbelangt. Das hat viel mit Infrastruktur zu tun. Diese gemeinsame Position bedeutet einen großen Unterschied zur Vorgängerregierung. Sie ist auch wichtig. Denn vom Bund heißt es nicht selten: Werdet ihr euch im Land zuerst einig. Dann meldet euch wieder.

Warum Christof Bitschi an S 18-Verfahrensstart 2027 glaubt
Im Schweizer Ried wurden bereits viele Erkundungen durchgeführt. Vor über sechs Jahren wurde der Untergrund untersucht. VN/Steurer

Wie intensiv haben Sie sich bisher mit dem Projekt S 18 auseinandergesetzt?

Bitschi: Es war ein Thema, das als Erstes aufgepoppt ist. Dieses Projekt hat mich vom ersten Moment meiner mittlerweile zehnjährigen Tätigkeit als Landespolitiker begeistert. Es ist einfach wichtig, eine hochrangige Verbindung zwischen den zwei Autobahnen herzustellen. Als ich Verkehrslandesrat wurde, sind einige auf mich zugekommen und haben mir gesagt: ‘Bitschi, auch du wirst die Umsetzung dieses Projekts nicht erleben.’ Doch ich bin positiv, dass mit viel frischem Wind in Wien und Bregenz das dennoch möglich wird.

Im Ried waren über Monate zahlreiche Experten unterwegs. Auch die Vogelwelt wurde genau untersucht.  VN/Steurer
Auch Ornithologen haben den Vogelbestand im Ried unter die Lupe genommen. Es gibt viele Fakten über das sensible Naturgebiet, durch das unter der Erde die CP führen soll.  VN/Steurer

Das Schlussdokument von “Mobil im Rheintal ” wurde 2011 verabschiedet. Was soll nun in den kommenden fünf Jahren diesbezüglich möglich sein?

Bitschi: 2019 waren wir schon relativ weit. Was die Bevölkerung stört ist diese permanente Diskutiererei und dass keine Entscheidung in die eine oder andere Richtung fällt. Deswegen bin ich guter Dinge, dass wir in puncto S 18 die Entscheidungen in der nächsten Legislaturperiode treffen. Die Verbindung zwischen den zwei Autobahnen ist eines der zentralen Themen, wenn wir über Standort- und Wirtschaftspolitik reden. Deswegen habe ich die letzten Tage auch sehr viel mit Wien kommuniziert, in dem Sinne, dass die S 18 Bestandteil eines Koalitionspapiers wird. Genauso wie ein Autobahn-Vollanschluss bei Wolfurt.

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Gibt es in Ihrem Kopf schon so etwas wie ein Zeitplan? Bis wann könnte man ein Verfahren starten?

Mein Ziel ist es, dass wir 2025 die Entscheidung treffen: Ja, wir bauen die S 18. Und dass es dann innerhalb der nächsten zwei Jahre möglich sein wird, in ein Verfahren zu kommen.

Warum Christof Bitschi an S 18-Verfahrensstart 2027 glaubt
Noch-Umwelt- und Mobilitätsministerin Leonore Gewessler ist alles andere als eine Anhängerin der S 18 als CP-Variante. VN/Paulitsch

Jetzt hat aber die Volksbefragung in Lustenau ein eindeutiges Ergebnis gebracht. Nämlich die Ablehnung der CP-Variante als S 18. Wie gehen sie mit dieser Tatsache um?

Man könnte jetzt lange über das ganze Prozedere diskutieren. War der Zeitpunkt richtig? War die Fragestellung richtig? Ist die Teilnehmerzahl aussagekräftig? Das tu’ ich nicht. Ich nehme diese Befragung sehr ernst. Es ging damals um die CP-Variante. Ich glaube, dass damals nicht flächendeckend bekannt war, wie groß der Anteil der Unterflurstrecke sein wird. Es wäre wahrscheinlich damals auch stärker die Aufgabe des Landes gewesen, diesen Planungsstand hervorzuheben. Es ist meine Aufgabe, die Interessen des ganzen Landes unter einen Hut zu bringen. Wenn es nun auf Bundesebene diese Beschleunigung in Sachen S 18 gibt, ist es auch meine Aufgabe, mit der Standortgemeinde in Gespräche zu gehen, wie wir das noch bürgerfreundlicher ausgestalten könnten. Ich bin diesbezüglich guter Dinge, dass wir eine Lösung finden.

Autokolonnen durchs Ried. Das wollen weder CP-Gegner noch Befürworter.  VN/Hartinger
Durch das Schweizer Ried wälzen sich schon seit Jahren Autokolonnen. Vor allem zu den Stoßzeiten.  VN/Hartinger

Hatten Sie schon Kontakt mit dem Lustenauer Bürgermeister, oder wollen Sie abwarten, bis nach der Gemeindewahl ein neuer Ortschef bestimmt ist?

Ich habe in den letzten Wochen viele Spannungen in Lustenau mitbekommen. Mein Ansatz ist schon der, nach der Gemeindewahl, wenn sich die Lage beruhigt hat, zusammenzusitzen und die infrastrukturellen Themen Lustenaus, die ich eingangs erwähnte, in Ruhe zu besprechen. Ich scheue Diskussionen nicht. Ich will eine Übereinstimmung mit der Gemeinde finden, nicht über deren Kopf agieren.

Lässt es sich ohne Grün-Mitbestimmung in Bund und Land nun leichter Dinge wie große Straßenprojekte durchsetzen?

Wenn man die großen Infrastrukturprojekte anschaut, gibt es keine radikalen politischen Gegner mehr. Im Land gibt es Einigkeit bei den Infrastrukturprojekten, wie Stadttunnel und S 18.

Hatten Sie bereits Kontakte mit der Asfinag?

Ich hatte mit der Asfinag ein Grundsatzgespräch über alle anstehenden Infrastrukturprojekte.

Werden die Planungen der Gewessler-Variante eines Anschlusses südlich von Lustenau beendet bzw. sind sie schon beendet?

Ich gehe davon aus: Wenn ein neuer Minister oder Ministerin im Amt ist, werden diese Planungen nicht weitergeführt werden. Diese Planungen waren ja absolut sinnfrei. Dieses Kapitel sollte abgeschlossen sein.

Ried Demo Extinction rebellion, Senderbrücke Lustenau
Immer wieder fordern Bürger ein autofreies Ried und beziehen gegen die S 18 Stellung. Eine durchgeführte Volksbefragung in Lustenau stützt ihre Forderungen. VN/Rhomberg

Gibt es für Sie einen Wunsch-Verkehrsminister?

Es ist alles besser, als mit der Frau Gewessler zu verhandeln. Ich hoffe doch, dass das Verkehrsministerium in freiheitliche Hand gelangt.

Waren Sie bereits in Gesprächen mit Schweizer Politiker-Kollegen bezüglich S 18?

Nein, in Bezug auf die S 18 hat es für mich noch keinen Kontakt mit den Schweizern gegeben. Ich denke aber schon jetzt, dass die Schweiz hier eine Konstante sein wird.

Gab es von Ihrer Seite schon einen Kontakt mit der Bürgerinitiative Lebensraum Zukunft Lustenau, die ja vehement eine große Entlastungsstraße im Osten der Gemeinde bekämpft?

Der Sprecher der Initiative, Eugen Schneider, war schon bei mir. Wir hatten ein sehr offenes Gespräch. Mein Interesse ist es schon, die Stimmen der Straßengegner zu hören. Dass wir uns nicht in jedem Punkt einig sind, war natürlich von vornherein klar. Aber ich will nicht über Menschen drüberfahren und ihre Meinungen ignorieren. Auch wenn das nicht meine sind.