Schussattentat vor dem Sender-Club: „Er wollte mich zum Kampf einladen!“

VN / 17.03.2025 • 13:09 Uhr
Gericht
Justizwachebeamte führen den Angeklagten in den Verhandlungssaal. vn/gs (4)

Prozess wegen versuchten Mordes am Landesgericht Feldkirch: So verantwortet sich der Angeklagte.

Feldkirch Am Landesgericht Feldkirch wird aktuell jenes Verbrechen verhandelt, dass sich am 27. Jänner 2024 beim Lustenauer Nachtclub Sender ereignete. Ein heute 28-jähriger Türke feuerte damals fünf Schüsse auf zwei Tschetschenen ab und verletzte sie schwer. Der Schütze tauchte einige Zeit unter, doch wurde schließlich gefasst. Nun muss er sich vor dem Geschworenensenat verantworten – wegen versuchten Mordes und unerlaubtem Waffenbesitz.

Doch wie kam es zu dieser Tat und welchen Hintergrund hatte sie? Zunächst werden die Eingangsplädoyers gehalten. Von Staatsanwalt Simon Mathis für die Anklage und Rechtsanwalt Franz-Josef Giesinger für die Verteidigung.

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Staatsanwalt Simon Mathis (r.) und Opferanwalt Stefan Denifl.

Manipulierte Videos

Der Staatsanwalt legt klar: Für ihn war es versuchter Mord. „Der Angeklagte wollte damals schießen und er wollte treffen. Er schoss mit Zielwechsel auf die beiden Kontrahenten und aus der Bewegung. In knapp zwei Sekunden feuerte er fünf Schüsse ab. Davon gibt es Videoaufzeichnungen. Aufzeichnungen, die nachher bewusst neu formatiert wurden, jedoch von der Kriminalabteilung wieder mühsam hergestellt werden konnten.“

Doch Verteidiger Giesinger kontert: „Mein Mandant hat gezielt auf die Beine und Füße seiner Kontrahenten gezielt. Es war kein versuchtes Tötungsdelikt, ganz im Gegenteil. Er wollte sie nur verletzen. Hätte er sie töten wollen, hätte er das gekonnt. Mein Mandant ist teilgeständig. Es bekennt sich der schweren Körperverletzung und des unerlaubten Waffenbesitzes für schuldig.“

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Die Verteidigungsriege: Rechtsanwalt Franz Josef Giesinger und Anwältin Zehra Ylmaz Arslan.

Beinbruch bei “Diskussion”

Richter Martin Mitteregger befragt nun den Angeklagten selbst. Der 28-jährige Türke kommt aus guter Familie in seiner Heimat, brach dort ein Ingenieurstudium ab und wollte nach London. Dort konnte er seine Ziele nicht verwirklichen, zog nach Vorarlberg und wollte bei seinem Onkel in der Gastronomie einsteigen. Doch auch das funktionierte nicht. Die Ehe des dreifachen Kindesvaters ging in die Brüche, er verlor die Wohnung und geriet auf die schiefe Bahn. Unter anderem in die Drogenszene.

Seine Opfer habe er zwar seit wenigen Jahren gekannt, aber sonst nichts mit ihnen zu tun gehabt. Er habe gewusst, dass einer der Männer einer der „führenden Köpfe der Tschetschenen in Vorarlberg“ sei. Und eben die Tschetschenen seien es gewesen, die ein paar Wochen einem Freund von ihm während einer „Diskussion“ ein Bein gebrochen hätten.

Angeklagter 1703 Gericht gs Sohm
Der Angeklagte vor Prozessbeginn mit seiner Verteidigung im Gespräch.

Auf der Flucht

In besagter Nacht sei er wegen eines anderen Deliktes auf der Flucht gewesen, weil die Polizei nach ihm fahndete, sagt der Angeklagte weiter aus. Er habe Bekannte im Sender besucht und sich dort im Büro aufgehalten. Auf einem Video habe er beobachtet, wie die beiden Tschetschenen von den Securities wegen Hausverbots von der Türe gewiesen worden seien. Es sei zu Provokationen gekommen. Da habe er zu seiner Pistole gegriffen und abhauen wollen.

“Wollte sie nicht umbringen”

Vor der Türe kam es dann zum Konflikt. „Einer der Tschetschenen wollte mich zum Kampf einladen, Mann gegen Mann“, schilderte der Beschuldigte. Er sei dann von den beiden verfolgt worden. „Ich wollte sie mit den Schüssen nur auf Distanz halten, aber nicht umbringen, sondern nur verletzen.“

Auf die Frage, weshalb er trotz auferlegten Waffenverbots eine geladene Pistole mitführe, antwortet der 28-Jährige: „Weil ich ständig mit dem Tod bedroht werde und viele Feinde habe.“

Der Prozess wird mit der Einvernahme der Opfer und weiterer Zeugen fortgesetzt. Es wird noch am Abend mit einem Urteil gerechnet.