“Er war ein Patriarch”: Sexualprozess gegen Ex-Polizisten fortgesetzt

VN / 01.04.2025 • 11:34 Uhr
Gericht
Angeklagten werden unter anderem sexueller Missbrauch seiner beiden Enkelinnen vorgeworfen. Eckert

Am zweiten Verhandlungstag sind ein Dutzend Zeugen und Psychiater Reinhard Haller am Wort.

Feldkirch Als erste Zeugin wird die knapp 50-jährige Mutter des mutmaßlichen Opfers einvernommen. Über eineinhalb Stunden muss die Frau, teils unter Tränen, Auskunft über die damalige Familiensituation geben.

Der Angeklagte sei ein „Patriarch“ gewesen, was er sagte, habe in der Familie gegolten. Die Frau war damals noch sehr jung, als sie im Alter von 16 Jahren den Sohn des Angeklagten kennenlernte und später auch heiratete. Als sie einmal zu Besuch in der Bregenzer Dienstwohnung des damaligen Polizisten war, habe er ihr einen großen, silbernen Revolver an die Schläfe gehalten und gefragt: „Geladen oder nicht?“. Dann habe er abgedrückt, gelacht und gemeint: „Glück gehabt. Jetzt bist Du in die Familie aufgenommen“. Noch heute zittert die Frau, wenn sie es erzählt. Der Angeklagte hat bereits in seiner anfänglichen Aussage versichert, dass es niemals einen derartigen Vorfall gegeben habe.

Vom Missbrauch erzählt

Vom Missbrauch ihrer beiden Töchter habe sie erst spät erfahren, als ihre Tochter bereits erwachsen war. Da habe ihre Tochter ihr auf einem Parkplatz erzählt, dass sie von ihrem „Opa“ jahrelang missbraucht worden sei. Eine Mischung aus Enttäuschung, Angst und Hoffnung, dass sich die Situation irgendwie bessern würde, habe sich in ihr breit gemacht. Die Mutter schildert, wie sie und ihr damaliger Ehemann aufgrund eines kranken Sohnes immer wieder nach Wien ins Krankenhaus mussten und „die Mädchen“ in der Zeit von den Großeltern betreut wurden. Die Einvernahme nimmt die Zeugin sichtlich mit. Nach ihr werden weitere Verwandte aus der Familie einvernommen.

Sohn schweigt

Der leibliche, 52-jährige Sohn des Angeklagten macht von seinem Aussage-Entschlagungsrecht Gebrauch. Er will und muss gesetzlich nicht gegen seinen Vater aussagen. Er ist der Vater der beiden mutmaßlichen Missbrauchsopfer. Als Nächstes wird der Enkel des Angeklagten einvernommen, der 28-Jährige ist bereit auszusagen. Er beschreibt den Angeklagten als „tollen Opa“.

Neben den Verwandten wird auch Gerichtspsychiater Reinhard Haller zu Wort kommen. Er bestätigt einem der mutmaßlichen Opfer eine posttraumatische Belastungsstörung. Bei einer allfälligen Verurteilung des Angeklagten wegen eines Sexualdeliktes würde dies eine empfindliche Straferhöhung bewirken. Der Prozess ist wieder bis 18 Uhr anberaumt.