Druck auf Bio-Landwirte steigt

Die Nachfrage nach bio ist groß. Viele Landwirte scheuen aber vor einer Umstellung zurück. Auf Lisilis Biohof setzt man auf Direktvermarktung.
Meiningen An diesem Vormittag ist volles Haus auf Lisilis Biohof in Meiningen. Eine Gruppe aus einem Kindergarten ist zu Besuch. “Es ist uns wichtig, schon den Jüngsten zu zeigen, wo ihr Essen herkommt und dass es einen Wert hat”, sagt Michael Kühne. Ein wichtiges Erlebnis für die Käufer von morgen. Denn Bio heißt vor allem auch mehr Arbeits- und Zeitaufwand. Diese Kosten werden im Supermarktregal nur unzureichend abgebildet, wie aktuelle Zahlen belegen.
Landwirtschaftsfläche wächst
Vor 30 Jahren haben Michaels Eltern Brigitte und Karl Kühne die Landwirtschaft auf bio umgestellt. Heute helfen vier Kinder und weitere Verwandte mit. Denn: Jede Hand ist wichtig. Das Besondere bei den Kühnes ist, dass sie stark auf Gemüseanbau setzen. Etwa 40 Pflanzensorten werden angebaut. Verkauft wird im Hofladen, auf Wochenmärkten oder über die Abo-Kiste. Das ist vielleicht auch ein bisschen das Geheimnis von Lisilis Erfolg. Denn Bio-Landwirte kämpfen vor allem in den Supermarktregalen mit den niedrigen Preisen und Sonderangeboten. “Wir haben den direkten Kontakt zu den Kunden und können ihnen erklären, was wir tun. Das hilft uns, von den Aktionen befreit zu sein”, sagt Kühne. Er ergänzt: “Aber klar werden auch wir gefragt, warum es bei uns teurer ist.” Mit dem Preis, der im Supermarkt angeboten wird, könnten die Kühnes nicht mithalten.

Insgesamt wird Vorarlberg immer regionaler und klimafreundlicher – dank kurzer Transportwege – was die Versorgung mit Gemüse betrifft. Das zeigt ein Blick auf aktuelle Zahlen, die die Landwirtschaftskammer Vorarlberg (LW) liefert. Von 2015 bis 2023 wuchs die Anbaufläche im Land von 90 auf 112 Hektar. Das entspricht mehr als 20 Prozent Wachstum. Was das praktisch bedeutet: Bei 160.000 Salatköpfen pro Hektar und Jahr sind das jährlich bei zwei Ernten rund 3,5 Millionen Salatköpfe mehr als 2015.
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Anhaltendes Preisproblem
Eine Entwicklung fällt auch in Vorarlberg auf: Die Nachfrage nach bio steigt. Aber immer weniger Betriebe stellen wie die Kühnes um. LK-Präsident Josef Moosbrugger erklärt den VN, wodurch sich diese Diskrepanz ergibt: “Grund ist vor allem, dass die Absatzmengen zwar steigen, die Preise damit jedoch nicht Schritt halten.” So wurden 2024 im Vergleich zum Vorjahr zwar um 5,5 Prozent mehr Bioprodukte verkauft, der wertmäßige Zuwachs betrug jedoch lediglich 3,7 Prozent. “Dieses Missverhältnis deutet auf ein anhaltendes Preisproblem hin: Immer mehr Bio-Produkte – insbesondere hochpreisige wie Fleisch – gelangen nur über Rabatte oder Aktionen in den Einkaufskorb”, gibt Moosbrugger zu bedenken.
Der LK-Präsident erläutert weiter: 27,3 Prozent der Agrarnutzfläche wird österreichweit biologisch bewirtschaftet, was 23 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe entspricht. Gemäß Einkaufsdaten entfallen aber nur 13 Prozent der eingekauften Menge bzw. elf Prozent des Umsatzes auf Bioprodukte. “Das bedeutet, dass mehr produziert als gekauft wird und wir auf Exporte angewiesen sind”, sagt Moosbrugger. “Gleichzeitig belasten gestiegene Produktionskosten und eine zunehmend komplexe Bürokratie die Betriebe”, berichtet er weiter und nennt etwa die Kosten für Arbeitskräfte, Biofuttermittel und -saatgut oder Technik. Geopolitische Krisen, Inflation und gestiegene Energiekosten betreffen zwar alle Betriebe, doch Biobäuerinnen und Biobauern könnten diese Kosten seltener über höhere Erzeugerpreise ausgleichen.
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Sicherheit für Umstellung
Mehrkosten und -aufwand fangen schon beim Saatgut an, das nicht synthetisch gebeizt sein darf, erläutert Michael Kühne. Unkraut wird thermisch oder manuell entfernt. Die erlaubten Pflanzenschutzmittel auf natürlicher Basis “wirken nicht so gut”, sagt Kühne und ergänzt: “Das ist natürlich der Vorteil für Vögel und Insekten.” Gedüngt wird nur mit selbst produziertem Kompost, es wird am Hof nichts zugekauft. Auf Lisilis Biohof wird vor allem aus Überzeugung biologisch gearbeitet, sagt Michael Kühne: “Ich bin schon der Meinung, dass die Landwirtschaft die Umwelt mitgestaltet und wir schauen müssen, dass es zumindest gleich bleibt, oder besser wird.”
Die Umstellungszeit ist ein Thema für Landwirte, sagt Kühne: “Bei Dauerkulturen sind es drei Jahre Umstellungszeit, in der man biologisch wirtschaften muss, kann aber nicht wirklich einen Wertpreis lukrieren.” Damit Betriebe diesen Schritt wagen, braucht es verlässliche Rahmenbedingungen und faire Marktpreise – nicht nur Förderzusagen, betont auch Moosbrugger: “Unter all diesen Rahmenbedingungen wäre der Umstieg auf Bio für viele Betriebe ein wirtschaftliches Risiko.” Das zeigt sich auch an anderen Zahlen: 2024 kündigten rund 350 Betriebe in Österreich ihre Bio-Kontrollverträge.