Streiflicht: Mit dem Pizzateig taut das Herz auf
Auch andere Länder haben ihren Reiz. Übersee kann Dir die Sinne vernebeln. Die Wüste ist „der“ Sehnsuchtsort. Oder die kühle Schönheit des hohen Nordens? Das alles steht außer Zweifel. Aber wenn an so seinem stark unterkühlten, verregneten Tag im Rheintal die Abreise über die Alpen naht, dann ist es völlig egal, ob das Ziel tief im Süden Italiens liegt oder gleich jenseits der Grenze. Schon beim Kofferpacken erwachen Bilder.
Noch geben die Pässe die Straße zwischen meterhohen Schneewänden frei. Nebel wabern über den Hochmooren des Engadins. Aber in Chiavenna servieren sie schon mit leichter Hand „Caffè“ und Brioches. Über die oberitalienischen Seen schippern geschniegelte Ausflugsboote, ein jeder Leichtmatrose wie ein Admiral. Die Städte sind Kulissen, jeder Markt ist ein Theater.
Wenn sich die Sonne dann im sinkenden Aperol-Pegel spiegelt und der Lautsprecher einen Schmachtfetzen nach dem anderen über die Piazza schmettert, wird schon der aufgefrorene Pizzateig zum kulinarischen Wunder erklärt. Dann blendet die Seele das schwäbische Gebabbel rundherum aus und findet im leichten italienischen Singsang der Kellner Beheimatung. Dann ist alles gut.
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