“Eine Schule kannst du nicht schützen”

Vorarlberger Direktoren und der Versuch einer Bewältigung von etwas Unvorstellbarem.
Feldkirch, Bludenz, Dornbirn “Wir sind gut vorbereitet”, sagt Michael Weber (60), Direktor der HAK Feldkirch. “Ob Black-Out, Brand oder ein Amoklauf: Wir wissen, wie wir uns zu verhalten haben, sollte eines dieser Szenarien eintreten”, wird Weber konkret. An eine unangenehme Situation, die in Zusammenhang mit einer Amokdrohung oder Ähnlichen zu bringen gewesen wäre, kann sich Weber nicht erinnern. “Ich versuche, alles dafür zu tun, dass wir an unserer Schule eine vertrauensvolle Atmosphäre erleben. Ich bin darüber hinaus in Planung einer Social Media-Sprechstunde. Dort sollen Schülerinnen und Schüler anonym kommen können, um über unangenehme Erlebnisse im Netz zu berichten und Rat zu erhalten”, erzählt der Schulleiter.

Hilfe vor Unterricht
“Wir haben getan, was zu tun war”, bringt Direktor Gerald Fnkart (56) vom BG Bludenz die Aktivitäten an seiner Bildungsstätte auf den Punkt. Dazu gehörte die bundesweite Trauerminute um 10 Uhr, das Aufziehen der Trauerfahne vor dem Schulgebäude. Selbstverständlich galt auch in Bludenz: Wer Hilfe und Unterstützung zur Bewältigung des Massakers von Graz brauchte, sollte sie bekommen. “Das hatte Vorrang vor dem Unterricht. Aber wir wollten andererseits diesem schrecklichen Ereignis keine übergroße Bühne bieten”, erklärt Fenkart seinen Zugang.
Als echten Benefit empfindet der Direktor nachträglich die Amok-Schulung, die es kürzlich am BG mit einem Experten der Landespolizeidirektion gab. “Was soll man in einer solchen Extremsituation tun, und was definitiv nicht? Da gibt es klare Regeln.” Demnach ist die wichtigste Maßnahme das sofortige Einsperren in einem Raum. Geht das nicht, solle man sich aktiv verteidigen. “Wenn möglich dem Attentäter Stühle entgegenschmeißen. Keinesfalls soll man ihn in den Raum lassen. Auch den Versuch, mit ihm zu reden, sollte man unterlassen”, hat sich Fenkart verinnerlicht.

System bereit
Business as usual, so gut es eben ging: Das war auch die Devise am BRG /BORG Dornbirn Schoren am Tag danach. “Selbstverständlich waren gleichzeitig unsere Systeme in Bereitschaft. Dazu gehören die Social Networker genauso wie die Schulpsychologin. Alle standen sie bei Bedarf jederzeit zur Verfügung”, beschreibt Direktor Reinhard Sepp (62) die Stimmung an seiner Schule am Mittwoch Nicht beeinträchtigt seien die Maturanten gewesen. “Ich habe keinerlei Anzeichen für Verunsicherung entdeckt”, sagt Sepp. Auch er möchte nach dem Motto vorgehen: Hilfe, wer Hilfe braucht, einerseits. Keine Überthematisierung des Dramas andererseits. “Es besteht ja immer die Gefahr, dass sich gerade dann Trittbrettfahrer finden”, glaubt Sepp. Klar ist für ihn: “Du kannst keine besonderen Sicherheitsmaßnahmen an einer Schule umsetzen. Sonst müßtest du einen hohen Stacheldrahtzaun um das Gebäude aufstellen und Eingangskontrollen durchführen. Dann sind wir in einem Gefängnis.”

Zahlreiche Anrufe
Rege Aktivitäten löste der Amoklauf von Graz auch an der Bildungsdirektion aus. “Wir haben allen Schulen im Land noch einmal die Krisenpläne für Ausnahmesituationen übermittelt. Auch gab es von uns die Aufforderung, unsere Unterstützungssysteme bei Bedarf jederzeit in Anspruch zu nehmen”, berichtet Elisabeth Mettauer (43), Sprecherin der Bildungsdirektion Vorarlberg. Es würden seit der Bluttat in der Grazer Schule auch permanent Anfrufe in der Bildungsdirektion eingehen. “Fragen zum Thema gibt es dazu viele”, sagt Mettauer.