“Gehst du zur Polizei, gehen deine Nacktfotos raus”

Nicht alltäglich, auf welch infame Weise eine Oberländerin eine befreundete Arbeitskollegin um 20.800 Euro erleichterte.
Feldkirch Die Erscheinung der 43-jährigen Angeklagten, die am Landesgericht Feldkirch vor Richter Martin Mitteregger Platz nimmt, kann kein Wässerchen trüben. Möchte man zumindest glauben. Doch der trügerische Eindruck schwindet, als Staatsanwältin Lisa Pfeifer die Anklage gegen die Oberländerin vorträgt.
Der Beschuldigten und Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Kindern wird vorgeworfen, ihre langjährige Freundin (46) und Arbeitskollegin nicht nur bestohlen, sondern auch genötigt zu haben. Und das über einen Zeitraum von sechs Jahren.
Seltsame Kontobewegungen
Bis dem Opfer schließlich deutliche Malversationen beim Kontostand auffielen. In regelmäßigen Abständen wurden immer wieder Beträge von 400 Euro vom Girokonto der 46-Jährigen abgehoben. Mittels ihrer persönlichen Visa-Karte und Bankomatkarte am Geldautomaten. “Aber ich selbst habe dieses Geld nie abgehoben”, beteuert die Geschädigte als Zeugin vor Gericht. Schlussendlich stellte sich ein beträchtlicher Betrag von 20.800 Euro heraus, der abgezweigt worden war. Doch von wem?
Schneller Griff in der Mittagspause
Schon bald war klar: Es konnte nur die beste Freundin gewesen sein. Denn diese hatte registriert, dass die 46-Jährige nicht nur ihre Bankomat- und Visa-Karte in der Geldbörse mit sich führte, sondern auch die Codes. Unbemerkt und schnell griff die Täterin ins fremde Portemonnaie, ging während der Mittagspause stets zum selben Bankomaten und ließ die Scheine herausflattern.

Als die Sache ruchbar wurde und die 43-Jährige in Verdacht geriet, griff sie zum Mittel der Nötigung. Um einer Anzeige seitens ihrer Arbeitskollegin zu entgehen, fotografierte sie von deren Handy Nacktbilder ab und legte sie in einem Kuvert vor ihre Haustür. Mit der unmissverständlichen Drohung, dass die Aktfotos rausgingen, falls sie, ihre Freundin, wegen einer Anzeige zur Polizei ginge.
Fließende Tränen
Damit auch vor Gericht konfrontiert, bricht die Zeugin in Tränen aus. Sie schluckt und seufzt. “Ich hatte das damals für einen Scherz gehalten. Doch es belastet mich sehr. Ich konnte nicht mehr schlafen und brauche selbst heute noch Schlaftabletten.”
Die ansonsten unbescholtene Angeklagte selbst zeigt sich wenig reumütig und auch nur zum Teil geständig. Doch für Richter Mitteregger besteht kein Zweifel, dass sämtliche Fakten im Strafantrag zutreffen.
Haftstrafe auf Bewährung
So verurteilt er die 43-Jährige im Sinne der Anklage (Verbrechen der Entwendung unbarer Zahlungsmittel und des gewerbsmäßigen Diebstahls sowie Vergehen der Nötigung) zu einer Haftstrafe von fünf Monaten auf Bewährung und einer unbedingten Geldstrafe in der Höhe von 6.000 Euro. Außerdem muss die Verurteilte einen Verfallsbetrag in der Höhe von 20.800 Euro an das Opfer entrichten.
Als erschwerend rechnet der Richter dabei die “hohe kriminelle Energie” der Frau und den langen Tatzeitraum an. Allerdings nicht, ohne auch eine Rüge in Richtung des Opfers zu richten: “Die Geschädigte pflegte einen äußerst sorglosen Umgang mit ihrem Geld. Davon wusste die Angeklagte und hat es ausgenutzt.” Das Urteil ist nicht rechtskräftig.