Kolumne: Ich brauche nur noch schnell einen Kaffee
Sommer ist es, wenn ich mir eigentlich nur einen doppelten Espresso machen wollte, um endlich in die Schreib-Gänge zu kommen. Zehn Minuten später stehe ich vor einem riesigen Haufen Grünschnitt, und weiß nicht genau, warum. Ah ja, darum: Auf dem Weg zur Kaffeemaschine entdeckte ich eine verblühte Rosenknospe und griff schnell zur Gartenschere. Und hier stehe ich jetzt.
Ich bin eine von denen, die so dringend Kaffee zum Überleben braucht, dass sie ohne Kaffee aufs Kaffeetrinken vergessen, bald werde ich mir deswegen Post-Its an die Türrahmen kleben müssen. Für gewöhnlich schütteln die Leute besorgt den Kopf, wenn ich sage, wie viele Tassen Kaffee ich brauche, um durch den Tag zu kommen. Aber gestern früh las ich über eine Harvard-Studie, für die 50.000 Krankenpflegerinnen 30 Jahre lang ihre Ernährungsgewohnheiten aufzeichneten. Dabei stellte sich heraus, dass jene, die täglich Kaffee tranken, mit über 70 überdurchschnittlich gesund waren. Besonders körperlich und geistig fit blieben die, die jeden Tag richtig viel Kaffee tranken, nämlich bis zu sieben Tassen am Tag, und das ist eindeutig mein Team.
Als ich mich mit meinem zweiten doppelten Espresso dieses Tages also endlich an den Computer setze, grummelt es in der Ferne und und der Himmel zieht zu. Ein Blick in den Wetterbericht bestätigt, dass ein Gewitter zu erwarten ist. Ich mache zwei schnelle Schlucke von dem heißen Kaffee und gehe die Wäsche abnehmen, und ums Haus herum die Polster einsammeln.
Wobei mir einfällt, dass ich doch im Frühling extra drei Meter zu viel von der wasserdichten Plane gekauft habe, für eine Abdeckung für die Paletten-Polster-Liege hinterm Haus, damit man die eben nicht bei jedem Gewitter abräumen muss. Wo habe ich diese Rolle nochmal hingeräumt, ah ja, in den Schuppen genau. Anstatt zu arbeiten begebe ich mich also mit Tacker, Schere und Plane hinters Haus, und wieder zurück, weil der Tacker mit Klammern aufgefüllt werden muss, dann befestige ich, während mich Rossbremsen attackieren, die Plane an den Paletten. Außerdem verliere ich den Tacker zweimal im hohen Gras, es braucht dort dringen eine Ablage, ein kleines Gartenbeistelltischerl oder einen wetterfesten Hocker, irgendsowas
Jedenfalls, als ich zurück an meinen Computer komme, ist der Kaffee kalt, egal, ich trinke ihn trotzdem. (Auf Milch und/oder Zucker im Kaffee, das sagte die Studie auch, sollte man verzichten, also wenn man möglichst gesund möglichst alt werden will.) Bevor ich zu schreiben anfange, schaue ich im Internet schnell wegen so einem Gartentischle und tauche eineinhalb Stunden später wieder auf; in fünf oder sechs Warenkörben sind vier verschiedene Hocker und Mono-Block-Kindertische in fünf Farben gespeichert. Hallo, das ist doch irre!Ich lösche alles wieder und fange endlich an zu schreiben; naja, vielleicht ein Kaffee noch vorher, sicherheitshalber.
Doris Knecht ist Kolumnistin und Schriftstellerin. Sie lebt mit ihrer Familie in Wien und im Waldviertel.
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