Schindluder bei der Pickerl-Vergabe: Aufdeckung von “Gefälligkeitsgutachten” massiv gestiegen

VN / 11.07.2025 • 15:13 Uhr
Prüfplakette
Die Prüfplakette hält nicht immer, was sie verspricht. Und das kann schwerwiegende Folgen haben. symbol/fohringer/apa

Die Kfz-Prüfplakette „verschenkt“: Prozesse wegen des Verbrechens des Amtsmissbrauchs sind am Landesgericht Feldkirch keine Seltenheit.

Feldkirch Es war ein Netzwerk sprichwörtlicher Komplizen. Der eine führte in einer Vorarlberger Werkstätte das Fahrzeug vor, der andere nahm an demselben Pkw Reparaturen vor. Allerdings nur auf dem Papier. “Echt” war dann nur die Prüfplakette – trotz des gefälschten positiven Prüfgutachtens. Und das in acht (!) Fällen.

Die Rostlauben blieben also Rostlauben. Bis der Schwindel aufflog. Und am 28. Mai dieses Jahres mit einem Prozess wegen des Verbrechens des Amtsmissbrauchs endete. Drei Angeklagte mussten sich deswegen am Landesgericht Feldkirch verantworten.

Einer von ihnen wurde zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten, ein zweiter zu vier Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Allerdings unbedingt fielen die hohen Geldstrafen aus. Der Dritte wurde aus dem Verfahren ausgeschieden.

Christian Wolf
Der gerichtlich beeidete Verkehrssachverständige Christian Wolf wird immer wieder zu Prozessen wegen Amtsmissbrauchs nach dem Kraftfahrgesetz bestellt. wolf

Keine Ausnahme

Dieser Fall von Amtsmissbrauch nach dem Kraftfahrgesetz ist keine Ausnahme. Immer wieder stehen Werkstättenbetreiber oder Mechaniker, die vom Landeshauptmann ermächtigt wurden, wiederkehrende Kfz-Begutachtungen durchzuführen, als Angeklagte vor Gericht. Eben wegen Amtsmissbrauchs, da sie ja eine amtliche Handlung durchführten – oder konkret gesagt, genau dies eben nicht taten.

Wie verantwortungslos das ist, zeigt der gerichtliche Verkehrssachverständige Christian Wolf auf: “Unfälle durch nicht betriebssichere Fahrzeuge haben die dramatischsten Folgen und enden bisweilen tödlich.”

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Mehr als 300 Prüfstellen

Allein in Vorarlberg gibt es über 300 Prüfstellen mit einer Ermächtigung zur wiederkehrenden Kfz-Begutachtung. Dabei werden jährlich Zehntausende Begutachtungen von Fahrzeugen bzw. Anhängern durchgeführt. Um allfälligem Schindluder bei der Pickerlvergabe entgegenzuwirken, wurde die Kontrolldichte der Exekutive bzw. der Revisionstätigkeiten der Landesregierung in den vergangenen Jahren verstärkt.

Entzug der Ermächtigung

“Seither ist die Aufdeckung von Gefälligkeitsgutachten in Vorarlberg massiv gestiegen”, weiß Wolf. “Und wenn es hier zu Prozessen kommt, werden exorbitant hohe Strafen verhängt. Neben einer strafrechtlichen Verurteilung droht einer solchen Prüfstelle zudem der Entzug der Ermächtigung zur Begutachtung von Fahrzeugen durch den zuständigen Landeshauptmann”, weist der Sachverständige darauf hin, dass es sich hier um keine Kavaliersdelikte handelt.

Aber nicht nur gegen die “Pickerlfälscher” selbst, sondern auch gegen die “Anstifter” würden laut Wolf seitens der Staatsanwaltschaft entsprechende Ermittlungen angestellt.