Julia Ortner

Kommentar

Julia Ortner

Kommentar: Fußball ist für alle da

VN / 28.07.2025 • 16:16 Uhr

Am Ende entscheiden die Engländerinnen den Wettkampf für sich. Davor begeistern sie und ihre Kolleginnen aus den anderen Nationen bei der Fußball-EM der Frauen nicht nur das Gastgeberland Schweiz, sondern ganz Europa. „Lia hier, Lia da, Lia überall“ schreibt etwa die Schweizer Boulevardzeitung „Blick“ über Lia Wälti, die Kapitänin ihrer eigenen Nationalelf – und so enthusiasmiert berichten Medien üblicherweise vor allem über die Lionel Messis der Welt. Noch ungewohnt, dass auch ein weiblicher Fußballstar aus jeder Sendung heraus- oder von jedem Werbescreen herunterlächelt wie Lia Wälti.

Die Schweizer Frauen schaffen es in einem historischen Erfolgslauf bis ins Viertelfinale, ehe sie den Spanierinnen unterliegen. Dennoch bleibt das Verbindende des Fußballs. Das Interesse an den Tickets für die Fußball-EM der Frauen ist groß, die Stadien und Fanzonen sind voll. Sportlich zeigen sich viele Expertinnen und Experten von den Leistungen der Spielerinnen im Turnier beeindruckt – sie kämpfen fairer, als man es teilweise von ihren männlichen Kollegen kennt und das auf einem hohen technischen Niveau. Frauen, die professionell Fußball spielen, mögen nach wie vor einen Bruchteil der Männer-Gagen verdienen und noch immer für die Aufmerksamkeit rennen müssen, die für ihre Kollegen so selbstverständlich ist. Doch die Spielerinnen haben in der Schweiz souverän vorgeführt, dass Fußball allen etwas bieten kann.

Der Zauber des Fußballs

Das sportliche Großereignis als ein einziger Austauschklub für Freundschaftsarmbänder, alles Freundinnen und Freunde in den Fanzonen und Stadien, über Ländergrenzen hinweg – so einfach ist es leider nicht, wenn man an den übertriebenen Nationalstolz oder die Abwertung der anderen denkt, die bei solchen Wettbewerben gerne vorkommen. Aber auch hier machen die EM-Spielerinnen und ihre Fans deutlich, dass es neben dem sportlichen Erfolg eben um den Zauber des Fußballs geht, der diesen Sport zu etwas Besonderem machen kann. Wenn Fußball nicht nur ein Mittel zur Erlangung von Sozialprestige oder Macht für Männer in Vereinspräsidien bedeutet, sondern diese Botschaft vermittelt: Das Spiel ist für alle da. Egal, welchen Geschlechts, egal, woher sie kommen.

Wenn man möchte, dass der Frauenfußball reüssiert, die Frauen-Ligen sich weiter professionalisieren können und mehr Mädchen zu spielen beginnen, braucht man laut Fachleuten vor allem eines: Investitionen, etwa in neue Fußballplätze. Und jedenfalls mehr mediale Aufmerksamkeit für die Frauen, indem man ihre Spiele öfter in den großen Stadien stattfinden lässt und sie live überträgt – so wie jene der männlichen Kollegen.

Julia Ortner ist Journalistin mit Vorarlberger Wurzeln, lebt in Wien und ist Redaktionsleiterin von ORF.at.