Von der Volksschule ins Lernhaus

VN / 28.07.2025 • 12:51 Uhr
Das „Lernhaus“ in Bezau wird Anfang September zur neuen Heimstätte für Volksschule und Kindergarten. PETER STRAUSS
Das „Lernhaus“ in Bezau wird Anfang September zur neuen Heimstätte für Volksschule und Kindergarten. PETER STRAUSSpeter strauss

Marktgemeinde Bezau vollzieht im Bildungsbereich eine Zeitenwende

Bezau Mit einem lachenden und einem weinenden Auge gingen Schulkinder und Lehrkörper der Bezauer Volksschule in die Ferien. Das lachende bezog sich nicht nur auf den Beginn der Ferien, sondern auch auf die Aussicht, im Herbst in der modernsten Schule Vorarlbergs ins neue Schuljahr starten zu können. Das weinende betraf die Wehmut, Abschied von einer wohlvertrauten Schule nehmen zu müssen, mit der viele schöne Erinnerungen verbunden sind.

Von der Volksschule ins Lernhaus: Ständige Information der Bevölkerung: Sven Matt (mit Mikrofon), Tobias Franz und Markus Innauer (rechts) erläuterten Ende 2024 beim Rundgang durch das Gebäude und beim abschließenden Salongespräch in der Aula den Baufortschritt am Lernhaus.
Ständige Information der Bevölkerung: Sven Matt (mit Mikrofon), Tobias Franz und Markus Innauer (rechts) erläuterten Ende 2024 beim Rundgang durch das Gebäude und beim abschließenden Salongespräch in der Aula den Baufortschritt am Lernhaus.

Eine echte Zeitenwende

„Jeder Schulschluss ist besonders. Aber der heurige ist mehr als das“, schreiben die Lehrerinnen auf der Homepage und fahren fort: „Es ist in der Gemeinde Bezau eine Zeitenwende im Bildungsbereich, denn unser altes Schulhaus hat heute seinen letzten Tag in dieser Funktion. Nach dem heutigen Tag werden keine Kinder mehr durch die Schultüre gehen, um hier zu lernen. Uns erfüllt große Freude auf das neue Lernhaus, aber auch etwas Sentimentalität an diesem letzten Tag.“ Nicht verwunderlich, denn in diesem Haus – Ende des 19. Jahrhunderts errichtet und 1986 generalsaniert – haben viele Generationen lesen, schreiben und rechnen gelernt.

Von der Volksschule ins Lernhaus: Groß war die Freude bei Sven Matt (l.) und Markus Innauer, als ihr Lernhaus unter mehr als 50 Einreichungen zum Siegerprojekt gekürt wurde.
Groß war die Freude bei Sven Matt (l.) und Markus Innauer, als ihr Lernhaus unter mehr als 50 Einreichungen zum Siegerprojekt gekürt wurde.

Mehr als ein Gebäudewechsel

In der Tat vollzieht sich in diesem Sommer mehr als ein Gebäudewechsel, für den in den Wochen bis dahin nur noch letzte Feinarbeiten vorgenommen werden müssen, denn im Großen und Ganzen sind die Bauarbeiten für das mit rund 15,5 Millionen Euro veranschlagte Projekt Schule/Kindergarten abgeschlossen.

Von der Volksschule ins Lernhaus: Vom alten Schulhaus in der Bildmitte ist es nur ein Katzensprung ins neue Lernhaus – pädagogisch ist es ein Quantensprung.
Vom alten Schulhaus in der Bildmitte ist es nur ein Katzensprung ins neue Lernhaus – pädagogisch ist es ein Quantensprung.

Schon der neue Name lässt es erkennen: Statt „Volksschule“ und „Kindergarten“ steht über dem Eingang des nach echter Wälderart geschindelten Neubaus „Lernhaus“. Und das nicht nur deshalb, weil in dem – einschließlich „versenkter“ Sporthalle im Keller und dem ausgebauten Dachgeschoss – sechsstöckigen Objekt ab Herbst nicht nur die ABC-Schützen die Schulbank drücken werden, sondern schon die Kleinsten im Kindergarten an das „Lernen für das Leben“ herangeführt werden.

Von der Volksschule ins Lernhaus: Während Kindergarten und Volksschule im Herbst in ihre neue Heimstätte einziehen dürfen, muss sich Bürgermeister Hubert Graf und sein Rathausteam - derzeit im ehemaligen Elastisana-Gebäude einquartiert - noch gedulden, bis die ehemalige Volksschule als Rathaus adaptiert wird.
Während Kindergarten und Volksschule im Herbst in ihre neue Heimstätte einziehen dürfen, muss sich Bürgermeister Hubert Graf und sein Rathausteam – derzeit im ehemaligen Elastisana-Gebäude einquartiert – noch gedulden, bis die ehemalige Volksschule als Rathaus adaptiert wird.

Und das in einem Umfeld, das nach modernsten pädagogischen Erkenntnissen gestaltet wurde, denn beim EU-weit ausgeschriebenen Architektenwettbewerb, an dem sich mehr als 50 Büros beteiligt hatten, war nicht nur architektonische Qualität gefragt, sondern auch pädagogische Kriterien zu berücksichtigen. Das Lernhaus versteht sich als Ausdruck des pädagogischen Konzeptes: „offen und flexibel – ganzheitlich und integrativ“.

Von der Volksschule ins Lernhaus: Aus der Ende des 19. Jahrhunderts erbauten und 1986 generalsanierten Bezauer Volksschule wird nun das neue Rathaus der Marktgemeinde.
Aus der Ende des 19. Jahrhunderts erbauten und 1986 generalsanierten Bezauer Volksschule wird nun das neue Rathaus der Marktgemeinde.

Ohne neue Versiegelung

Beide Herausforderungen haben die Wettbewerbssieger Markus Innauer und Sven Matt nach Meinung der Jury am besten gelöst: Mit ihrem sechsstöckigen Objekt haben sie es geschafft, ohne zusätzliche Bauflächen auszukommen, denn das Lernhaus wurde exakt auf jener Fläche positioniert, auf der bisher Rathaus und altes Feuerwehrgerätehaus standen. Hätte man Volksschule und Kindergarten auf die grüne Wiese geplant, wäre dafür ein Areal in Größe eines Fußballplatzes erforderlich gewesen. So bleibt nach Abschluss der Rochade ein Nullsummenspiel, da bekanntlich die alte Volksschule für die Gemeindeverwaltung – sie wurde ebenso wie der Kindergarten provisorisch im ehemaligen Elastisana-Objekt untergebracht – adaptiert wird.

Teil des Gesamtkonzepts

Der Platztausch Rathaus-Schule ist ein wichtiger Teil des vor mehr als zehn Jahren angestoßenen nachhaltigen Entwicklungskonzepts für das Bezauer Zentrum. Begleitet von Dr. Gerald Mathis und seinem Institut für Standort-, Regional- und Kommunalentwicklung (ISK) und unter Einbeziehung der Bevölkerung entwickelt Bezau mit sogenannten „Salongesprächen“ die Vision „Bezau 2050“ – das Lernhaus ist ein zentraler Punkt davon. STP