Lukrative Nebengeschäfte: Das enge Band zwischen den Fahrprüfern

Führerschein-Causa: Neue VN-Recherchen zeigen, wie eng einige Mitarbeiter der Justiz in das Prüfer-Netzwerk verstrickt sind und wie lukrativ das Gutachter-Geschäft vor Gericht ist.
Bregenz, Feldkirch In der Führerschein-Causa kommen immer neue Details ans Licht. Im Fokus der Aufmerksamkeit steht ein mögliches Netzwerk einzelner Fahrprüfer, das mit Nebentätigkeiten üppige Zusatzeinkünfte einstreicht. Die Zuständigkeit für Fahrprüfungen liegt bei der Verkehrsrechtsabteilung des Landes, wo bei einem der Behördenmitarbeiter alle Fäden zusammenlaufen. Mit vielen der nebenberuflichen Prüfer pflegt der Landesbedienstete auch außerhalb der Führerscheintätigkeit geschäftliche Beziehungen. Neue Recherchen zeigen jetzt, wie lukrativ diese Zusammenarbeit für einige Mitarbeiter Justiz ausfällt. Es geht um bestellte Sachverständigengutachten vor Gericht und um kolportiere Summen im sechsstelligen Bereich.

Der Anruf kommt am späten Abend. Tödlicher Verkehrsunfall. Der Staatsanwalt erteilt die Anordnung auf Beiziehung eines Verkehrssachverständigen. Der Akt aus dem Jahr 2023, der den VN vorliegt, ist exemplarisch. Staatsanwalt, Richter und Sachverständiger haben auch in anderer Angelegenheit miteinander zu tun. Alle drei sind Fahrprüfer. Die Nebeneinkünfte aus dieser Tätigkeit sind unterschiedlich hoch, aber jedenfalls attraktiv. Bei einem der Staatsanwälte belaufen sie sich auf gut 100.000 Euro in drei Jahren. Besonders lohnend scheint die Zusammenarbeit für den Mitarbeiter der “Führerscheinbehörde”, der den gerichtlichen Auftrag später privat abrechnen wird. Den VN liegen zwei Honorarnoten vor. Sie summieren sich auf 2466 Euro brutto und dürften auch in der Landesverwaltung Fragen aufwerfen.
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Neben der gerichtlichen Tätigkeit als Unfallsachverständiger hat sich für den Landesbediensteten in den letzten Jahren ein neues Spezialgebiet im Nebenerwerb aufgetan. Es geht um Anzeigen und Strafverfahren wegen Amtsmissbrauch im Zusammenhang mit dem Paragraf 57a. Die Jagd auf Pickerl-Sünder unter Kfz-Werkstätten hat einen regelrechten Boom erlebt. Ein Netzwerk mit mehr als einem Dutzend Fällen wurde kürzlich aufgedeckt (die VN berichteten). Ein weiteres, deutlich größeres Netzwerk mit bis zu 40 Fällen soll die Justiz bereits beschäftigen. Auch bei diesen Verfahren kommt vorwiegend der Behördenmitarbeiter als Sachverständiger zum Zug, wie es auch eine parlamentarische Anfrage an den Justizminister nahelegt. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil sich sein Name in der für diesen Fachbereich relevanten Gutachter-Liste der Justiz gar nicht findet. 18 andere Namen indes schon.
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VN-Recherchen zeichnen ein Bild einer weitgehend exklusiven Zusammenarbeit zwischen einzelnen Mitarbeitern der Staatsanwaltschaft und dem Bediensteten der Verkehrsrechtsabteilung in seiner Tätigkeit als nebenberuflicher Sachverständiger. In Gutachter-Kreisen ist von einer Art Monopolstellung die Rede, die Einkünfte könnten sich konservativ geschätzt auf einen sechsstelligen Betrag belaufen. Eine Anfrage an die Staatsanwaltschaft Feldkirch zum konkreten Umfang der Beschäftigung des besagten Sachverständigen blieb bisher unbeantwortet.

Unterdessen beschreiben Kfz-Werkstätten Schattenseiten dieser Pickerl-Jagd. Viele würden aus Sorge, selbst ins Visier einer möglichen Prüfung zu geraten, keine älteren Fahrzeuge mehr vorführen. Beschrieben wird demnach ein Auslegen des Ermessenspielraums bei der Überprüfung auffälliger Fahrzeuge als “in der Regel zu Ungunsten der Betriebe”.
Führerschein-Causa: Worum es konkret geht
HOHE DURCHFALLQUOTE In den letzten Jahren ist die Durchfallquote bei praktischen Fahrprüfungen in Vorarlberg deutlich angestiegen. Zuletzt ist jeder Zweite bei einer Prüffahrt gescheitert. Weit mehr als in anderen Bundesländern. Erklärung dafür gab es lange Zeit keine.
VN-ENTHÜLLUNGEN Vertrauliche Listen zu den Vergütungen der Fahrprüfungen dokumentieren ein lukratives Geschäft für viele der Prüfer. Einzelne von ihnen kamen auf einen Nebenverdienst von jährlich bis zu knapp 50.000 Euro.
GESCHÄFTSMODELL Das Geschäft mit Fahrprüfungen war im Vorjahr 580.000 Euro schwer. Die Hälfte davon spülten Wiederholungsprüfungen in die Sachverständigen-Kassa. Der Verdacht: mögliche Bereicherung auf dem Rücken von Fahrschülern.
WILLKÜR-VERDACHT Dutzende Fahrschüler haben sich in den letzten Tagen in der Redaktion gemeldet. Ihre Schilderungen zeichnen ein Bild von Willkür. Tatsächlich gibt es bei einzelnen Prüfern auffällig hohe Durchfallquoten.
NETZWERK Mehrere Quellen beschreiben ein Netzwerk einzelner Sachverständiger. Die Fäden sollen bei einem der Behördenmitarbeiter zusammenlaufen.