Kaum Aussicht auf Prüfungstermine – David Smounig wartet nicht allein auf einen Termin

VN-Recherchen legen ein Netzwerk einzelner, sich bereichernder Fahrprüfer nahe. Nun sind Prüfungstermine Mangelware. Das wünschen sich Fahrlehrer und Fahrschüler von der Landespolitik.
Darum geht’s:
- Fahrprüfungstermine in Vorarlberg sind derzeit knapp.
- Engpass durch fehlende Prüfer nach Korruptionsermittlungen.
- Pensionierte Bedienstete könnten Engpässe lösen.
Bregenz David Smounig wartet gerade beim Übungsplatz nahe der Kaserne in Bregenz auf seine Fahrstunde. Es wäre eine der letzten vor der Prüfung – wann diese stattfinden kann, ist jedoch offen. Wie ihm geht es vielen Fahrschülern derzeit.

“Wir hätten 40 Fahrschüler, die nächste Woche antreten könnten”, erklärt Karin Frener von der gleichnamigen Fahrschule in Bregenz. “Davon können nur neun antreten.” Mehr Prüfungstermine wurden von der Verkehrsrechtsabteilung nicht bestätigt. Bisher legten die Fahrschulen ihre Prüfungen auf einen Wochentag zusammen und reichten diese bei der Abteilung ein.
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Nachdem die VN den Verdacht der Bereicherung einzelner Fahrprüfer auf Kosten der Fahrschüler aufzeigten, handelten Polizei und Land. Doch nun mangelt es an Prüfern, die alle nebenberuflich tätig sind: Viele waren Polizeibeamte, doch die Landespolizeidirektion bewilligt die Tätigkeit mit sofortiger Wirkung nicht mehr. Und jene im Landesdienst dürfen nur noch zwei Prüfungen im Monat abnehmen, erklärt Frener. “Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein”, betont sie den Handlungsbedarf. “Man kann kein System zerschlagen, bevor man ein neues aufgebaut hat. Dann muss ja alles kollabieren.”
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Mitte August wurden von heute auf morgen alle Prüfungen vonseiten der Abteilung abgesagt, seitdem gibt es den Engpass. Dass auf die Vorwürfe reagiert wurde, bezeichnet Frener als notwendige Bereinigung. Vor der Berichterstattung galten manche Prüfer als besonders streng – dass in Vorarlberg mit 48 Prozent so viele Fahrschüler wie in keinem anderen Bundesland durchflogen, war jedoch bis zur Berichterstattung den Fahrschulen nicht bekannt.
Dass viele Fahrprüfer nun auf so einfache praktische Prüfungen wie schon lange nicht mehr hoffen, mag sein. Das Problem ist, dass auch die vielen kompetenten und korrekten Prüfer fehlen. “Viele Prüfer beachten auch, dass die Fahrprüfung für den Schüler eine Stress- und Ausnahmesituation ist”, betont etwa Fahrlehrer Clemens Bereuter. Doch auch diese dürfen derzeit nur eingeschränkt Prüfungen abnehmen, alle würden derzeit in den gleichen Topf geworfen werden.

“Die Stimmung kippt”, weiß Frener vom wachsenden Unmut. Am Telefon müsse man sich teilweise viel anhören. “Wenn du Prüfungen auf unbestimmte Zeit hinausschieben musst, kannst du das irgendwann nicht mehr argumentieren.” Die Schule beginnt wieder, andere sollten studieren gehen. Und Berufskraftfahrer brauchen ihre Prüfungen, um ihre Arbeit antreten zu können. Smounig startet nun in die Maturaklasse. “Es geht allen gleich: Ein Kollege ist bei einer anderen Fahrschule, dem wurde die Prüfung auf nächste Woche verschoben. Ob der Termin hält, weiß niemand”, berichtet er. Noch nimmt der 18-Jährige es mit Humor. “Ich nutze die Zeit und übe”, verweist er auf seine L-Tafel.

“Es ist, als ob man eine Sandburg baute und ein anderer tritt sie kaputt”, ärgert sich die Fahrschulleiterin. Ihre Lösung: Pensionierte Landesbedienstete und Fahrlehrer könnten angefragt werden, um den Personalstand zu erweitern. Und die Einschränkung der Prüfungstermine für Landesbedienstete sei kontraproduktiv, nimmt Frener Landeshauptmann Markus Wallner als Personalverantwortlichen in die Pflicht: “Die Fahrschüler brauchen die Prüfung.”
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Führerschein-Causa: Worum es konkret geht
HOHE DURCHFALLQUOTE In den letzten Jahren ist die Durchfallquote bei praktischen Fahrprüfungen in Vorarlberg deutlich angestiegen. Zuletzt ist jeder Zweite bei einer Prüffahrt gescheitert. Weit mehr als in anderen Bundesländern. Erklärung dafür gab es lange Zeit keine.
VN-ENTHÜLLUNGEN Vertrauliche Listen zu den Vergütungen der Fahrprüfungen dokumentieren ein lukratives Geschäft für mehrere Prüfer. Einzelne von ihnen kamen auf einen Nebenverdienst von jährlich bis zu knapp 50.000 Euro.
GESCHÄFTSMODELL Das Geschäft mit Fahrprüfungen war im Vorjahr 580.000 Euro schwer. Die Hälfte davon spülten Wiederholungsprüfungen in die Sachverständigen-Kassa. Der Verdacht: mögliche Bereicherung auf dem Rücken von Fahrschülern.
WILLKÜR-VERDACHT Dutzende Fahrschüler haben sich in den letzten Tagen in der Redaktion gemeldet. Ihre Schilderungen zeichnen ein Bild von Willkür. Tatsächlich gibt es bei einzelnen Prüfern auffällig hohe Durchfallquoten.
NETZWERK Mehrere Quellen beschreiben ein Netzwerk einzelner Sachverständiger. Die Fäden sollen bei einem der Behördenmitarbeiter zusammenlaufen.