Angriff auf Seniorin (85): “Im Schock nach dem Überfall noch ein Kreuzworträtsel gelöst”

Wie der Lustenauer Günter Grabher und eine Seniorin (85) die räuberische Attacke eines Betrunkenen erlebten.
Lustenau Noch in Gedanken in die Gespräche vom Planungsausschuss vertieft, verließ Günter Grabher (58) am vergangenen Dienstagabend zu Fuß die Lustenauer Gemeindevertretungssitzung. Da näherte sich eine 85-jährige Bekannte von ihm mit ihrem Seniorenmobil. “Sie fragte mich, ob sie mich in ihrem Automoped mitnehmen soll”, erinnert sich Grabher im VN-Gespräch. Der 58-Jährige nahm die freundschaftliche Einladung an und stieg ein. Es war gegen 21.40 Uhr und finster.
“Wie ein Balletttänzer”
Gemeinsam fuhren sie mit dem engen, vierrädrigen Seniorenmobil die Kapellenstraße in Lustenau entlang, als es plötzlich zu einer unheimlichen Begegnung kam. “Da näherte sich uns von hinten plötzlich ein Mann mit einem E-Scooter. Er fuhr in Schlangenlinien und streckte immer wieder die Beine aus. Er kam mir vor wie ein Ballettänzer. Wir fragten uns gleich, was für ein Spinner das wohl ist. Dann hat er uns überholt und warf den Scooter auf die Straße, sodass uns der Weg blockiert war”, schildert der Lustenauer weiter.
“Geld her, Geld her!”
Dann folgten dramatische Momente. “Der Mann kam auf uns zu und schrie andauernd: ‚Geld her, Geld her! Sonst gibt es Schläge! Ich habe auch noch Komplizen hier!‘” Grabher und die Seniorin entgegneten, dass sie bargeldlos seien. Worauf der bis dahin unbekannte Angreifer seine Drohungen noch lauter wiederholte und schrie, dass er die Frau aus dem Fahrzeug ziehen und das Vehikel umwerfen würde. Tatsächlich hob er mit seinen Händen das Seniorenmobil kurzzeitig an.
“Die Situation wurde immer stressiger. Und wir hatten auch Angst, dass das mit den Komplizen wahr sein könnte. Glücklicherweise näherte sich ein Linienbus. Meine Bekannte stieg aus, lief vor den Bus, stoppte ihn und bat den Chauffeur um Hilfe”, erzählt Grabher, der gleichzeitig auch selbst aktiv wurde. “Ich rief meine Frau an und sagte ihr, dass sie die Polizei verständigen solle. Der Täter selbst wollte dem Buschauffeur indessen weismachen, wir hätten ihn mit dem Mobil niedergefahren”, so der Lustenauer weiter.
Mehrere Polizeistreifen
Es währte nur kurz, bis die Polizei anrückte. “Es kamen gleich mehrere Streifen. Jedoch ohne Blaulicht, um sich dem Angreifer nicht bemerkbar zu machen. Dann nahmen sie ihn fest”, erzählt Grabher. Inzwischen kreuzte auch seine Frau mit dem Auto auf, barfuß und im Pyjama.

1,5 Promille intus
Trotz der eingetroffenen Polizei beruhigte sich der Täter nicht. Im Gegenteil. Er gebärdete sich wie ein Berserker und wütete noch mehr. Bis ihm die Beamten schließlich Handschellen anlegen mussten. Ein Alkotest bescheinigte dem Rabauken einen Wert von 1,5 Promille im Blut. Er wurde festgenommen und in die Justizanstalt Feldkirch eingeliefert. Doch nur für kurze Zeit.
Wieder auf freiem Fuß
“Heute Mittag hat uns die Polizei mitgeteilt, dass er bereits wieder auf freiem Fuß sei”, sagen Grabher und die 85-jährige Seniorin im Gespräch mit den VN am Donnerstagnachmittag. Die Pensionistin will nicht mit Namen genannt werden. Denn sie hat Angst. “Ich habe die Nacht kaum schlafen können, heute geht es mir schon wieder besser. Aber das Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht war zum Tatzeitpunkt sehr intensiv”, erinnert sich die Seniorin. Grabher ergänzt: “Um sich vom Geschehenen abzulenken, hat sie im Schock nach dem Überfall noch ein Kreuzworträtsel gelöst.” Auch er selbst habe noch mit Schlafstörungen und Schweißausbrüchen zu kämpfen. “Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was geschehen hätte können, wenn ich damals nicht dabei gewesen und die Frau allein gewesen wäre. Was dann?”