Erschreckend ruhige Tage vor Weihnachten

VN / 22.12.2025 • 10:15 Uhr
Sonja Hollenstein vom Lustenauer Sportgeschäft hätte viele schöne Weihnachtsgeschenke bei sich im Laden. Wenige Tage vor Weihnachten ist es dieses Jahr sehr ruhig geworden.
Sonja Hollenstein vom Lustenauer Sportgeschäft hätte viele schöne Weihnachtsgeschenke bei sich im Laden. Wenige Tage vor Weihnachten ist es dieses Jahr sehr ruhig geworden. Bernadette von Sontagh

Sportgeschäft-Inhaberin Hollenstein wendet sich mit emotionalem Post an Öffentlichkeit.

Lustenau Wenige Tage vor Weihnachten herrscht im Sportgeschäft Spoho in Lustenau eine seltsame Stille. „Die letzten Tage waren bei uns im Geschäft ungewöhnlich ruhig. Das ist schade, weil wir wunderschöne, funktionale und gesunde Weihnachtsgeschenke anbieten könnten“, berichtet Inhaberin Sonja Hollenstein. Gleich zu Beginn stellt sie klar: Beschwerden liegen ihr fern, denn das Geschäftsjahr verlief insgesamt erfolgreich. Dennoch ist es für sie mehr als ungewöhnlich, dass kurz vor dem Fest so wenig los ist. Ihre Gedanken teilte Hollenstein der Öffentlichkeit am Samstag auf den Social-Media-Kanälen des Geschäfts mit. Auch beim Lokalaugenschein am Samstagnachmittag, dem letzten Wochenende vor Weihnachten, blieb es im kleinen Laden überschaubar ruhig.

Apell: Geld vor Ort ausgeben

Sonja Hollenstein verdeutlicht, wie sehr sich das Kaufverhalten der Kunden verändert hat. Nachdenklich stimmt sie, dass der Postbote mittlerweile täglich rund 450 Pakete an Haushalte in der Umgebung zustellt, darunter auch Alltagsartikel wie Klopapier und Windeln. „Den Menschen sollte bewusst sein, dass sie mit ihrem Kaufverhalten den Fortbestand des Einzelhandels sichern oder eben gefährden. Das hat langfristig auch Auswirkungen auf jeden selbst“, sagt sie. Kleine Geschäfte sichern Arbeitsplätze, zahlen Kommunalsteuern und Beiträge in die Sozialsysteme. „Ein online ausgegebener Euro kommt nicht wieder zurück. Der Kreislauf von Geld und Wohlstand geht für unser System verloren.“

Ein ungewohntes Bild kurz vor Weihnachten: Kaum Kunden im Laden dafür stark beladene Postautos mit Paketen aus dem online-Handel.
Ein ungewohntes Bild kurz vor Weihnachten: Kaum Kunden im Laden dafür stark beladene Postautos mit Paketen aus dem online-Handel.

Beratung und soziale Kontakte als Stärken

Der stationäre Einzelhandel kann sich vor allem durch persönliche Beratung von großen Ketten und dem Online-Handel abheben. „Ich mache meine Arbeit aus Leidenschaft. Es macht mich stolz, wenn ich positive Rückmeldungen zu den verkauften Produkten bekomme und meine Kunden dadurch einen Mehrwert erfahren“, so Hollenstein. Sie bedauert, dass vielen Menschen die gesellschaftlichen Auswirkungen ihrer Kaufentscheidungen nicht bewusst sind. „Vieles wäre einfacher, wenn wir als Gesellschaft mehr zusammenhalten würden.“ Oft kämen zu ihr Kunden ins Geschäft, um einfach ein Gespräch zu führen, auch das zeichne den Einzelhandel aus: „Wir nehmen uns Zeit für jeden. Der direkte Austausch ist wichtig.“

Gemeinsame Strategie gefordert

Auch Sabrina Günter, Inhaberin des Lustenauer Schuhhaus Günter, teilt die Sorgen ihrer Kollegin. „Die Verkäufe sind stark rückläufig, das merken wir schon seit vergangenem Jahr“, berichtet sie. In Zukunft werde sie wohl weniger Angestellte beschäftigen können. Die Werbemaßnahmen der Wirtschaftskammer für den Einzelhandel seien zwar angekommen, doch das Bewusstsein für die Auswirkungen des eigenen Kaufverhaltens fehle vielfach. „Die Menschen wissen, was sie tun. Aber welche Folgen das für eine Gemeinde und den Einzelhandel hat, ist vielen nicht klar“, so Günter. Sie wünscht sich eine gemeinsame Strategie mit der Gemeinde, um das Bewusstsein für die Bedeutung des lokalen Einkaufs zu stärken. Auch Sonja Hollenstein mahnt: „In Lustenau stehen bereits viele Geschäftsflächen leer. Dennoch gibt es Einzelhändler, die weitermachen und Leben ins Dorf bringen. Das geht aber nur, wenn die Kunden kommen. Sonst wird es dunkel und die Schaufenster bleiben leer.“ Ihr Appell: „Überlegen Sie, wie Sie einkaufen. Wer durch ein lebendiges Dorf mit vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten schlendern, professionelle Beratung genießen und ein freundliches Lächeln erleben möchte, findet all das im Einzelhandel, oft sogar gratis dazu.“ BVS