Musik als Weltsprache

Text: Johanna Walser
Evelyn Fink-Mennel ist eine musikalische Botschafterin zwischen den Kulturen, denn sie baut Brücken und beweist damit, dass Melodien mehr sind als eine Aneinanderreihung von Noten.
Das Unglaubliche an Musik ist, dass sie Menschen unterschiedlicher Kulturen verbindet und berührt“, davon ist Evelyn Fink-Mennel überzeugt. An der Stella Musikhochschule in Feldkirch, wo Studierende aus Vorarlberg und aller Welt wie dem Iran, der Ukraine, Kuba oder Südafrika zusammenkommen, entstehen durch den Austausch ihrer lokalen Musiksprachen berührende Projekte. Eine Illustration dieses Austausches war ein Konzert im vergangenen Sommer 2023, als Vorarlberger Musiker:innen um Evelyn Fink-Mennel mit dem südafrikanischen Bochabela String Orchestra zusammengearbeitet haben. Die Bochabelas sind Teil des Mangaung String Programmes, das jungen Menschen aus den Townships von Bloemfontein die Möglichkeit bietet, ein Streichinstrument zu erlernen und sich weit über die rein musikalischen Fähigkeiten hinaus zu entwickeln. Die Musiker:innen haben voneinaner gelernt und das alles in der Regie von Evelyn in mehrere umjubelte Konzertprogramme verpackt. Ermöglicher dieses Projektes war Pforte-Macher Klaus Christa.
Musik, Migration und Minderheiten.
Viele Projekte von Evelyn entwickeln sich aus ihrer musikethnologischen Feldforschung rund um zivilgesellschaftliche Themen. Ein Beispiel ist das Projekt „Migraton“, das die Geschichte von Vorarlberg als Aus- und Zuwanderland beleuchtet. „Gerade bei Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, hat das lokale Musikrepertoire eine spezielle Funktion“, erzählt die gebürtige Andelsbucherin. „Mir ist daher wichtig, auch mit Minderheiten auf die Bühne zu gehen und ihnen die Chance zu geben, sich zu präsentieren.“ Ein wissenschaftliches Projekt von Evelyn in der „Volksmusikforschung im Bodenseeraum“ ist die Folk-Sammlung Haid – eine der wichtigsten Sammlungen zur „Folkbewegung“ der 1970er- und 1980er-Jahre. In dieser Zeit etabliert sich die Frauenmusikforschung. „Bis dahin wusste man wenig bis gar nichts über die Existenz von Musikerinnen oder Komponistinnen.“ Dazu hat Evelyn mit den Pionierinnen der 1970er-Jahre-Bewegung wie Freia Hoffmann ein Symposium im Frauenmuseum Hittisau initiiert. Bis heute sind Werke von Komponistinnen in Konzertprogrammen rar.

Therapeutische Kraft.
In ihrer Arbeit wird deutlich, wie die theoretischen Grundlagen der Musikforschung in die praktische Anwendung übergehen. Erkenntnisse über die soziale Dimension der Musik werden z. B. mit dem Projekt wie dem Aphasiechor Vorarlberg lebendig. Hier wird Musik als therapeutisches Werkzeug etwa für Schlaganfallpatient:innen eingesetzt, das ihnen hilft, v. a. ihre Sprachfähigkeiten zu aktivieren. Des Weiteren arbeitet Evelyn in Musikschuleinheiten mit Kindern. Hier wird Musik über das Gehör und nicht von Noten gelernt.
Jodelkurse.
Abseits ihrer Lehr- und Forschungstätigkeiten an der Stella Vorarlberg – Privathochschule für Musik gibt Evelyn seit 15 Jahren auf einem Bregenzerwälder Vorsäß Jodelkurse. Diese spiegeln ihre Leidenschaft für eine in die Breite wirkende Musikvermittlung und ihre Vielseitigkeit wider, denn privat schlägt ihr Herz für Rock- und Funkmusik. Die diversen musikalischen Neigungen zeigen, wie tief Musik in Evelyns Leben verankert ist – eine Verwurzelung, die sie auch in anderen wecken möchte. Sie betont und unterstreicht dabei die Bedeutung des Singens für die eigene Ausdrucksstärke und Selbstermächtigung.
Fotos: Roland Paulitsch