Gigantische Sparpotenziale?
Eine Wochenzeitung dieses Landes fühlte sich unlängst veranlasst, zum Nationalfeiertag „25 Ideen für Österreich“ zu präsentieren. Darunter fand sich auch der Vorschlag, den Ländern und Gemeinden die Befugnis zu verleihen, eigene Steuern einzuheben und sich dadurch selbst zu finanzieren. Kein schlechter Gedanke, den ich durchaus unterstützen kann.
Falls das nicht funktionieren sollte, wurde vorgeschlagen, die Länder abzuschaffen und die Gemeinden auf die Hälfte zu reduzieren. Experten, so hieß es, würden ein „gigantisches Sparpotenzial“ im Bereich von mehreren Milliarden Euro pro Jahr orten.
Solche Berufungen auf angeblich existierende Expertenschätzungen erweisen sich regelmäßig als Phantommeldungen. Ich kenne viele sogenannte Experten, die dem Föderalismus gegenüber sehr kritisch eingestellt sind. Die meisten granteln bloß vor sich hin, schimpfen über Landeshauptleute und Bürgermeister, konkrete Angaben darüber, welche Einsparungen tatsächlich zu erzielen wären, wenn es Länder oder auch Gemeinden nicht mehr gäbe, lassen sie sich jedoch nicht entlocken. Das überrascht auch nicht: Wer konkrete Zahlen liefert, muss auch offenlegen, wie die Berechnung zustande kommt. Und das wollen die „Experten“ dann doch nicht.
Neueste Resultate aus der Schweiz, was Gemeindefusionen bringen, sind übrigens eher ernüchternd: Die Hoffnungen auf Einsparungen haben sich in aller Regel nicht bewahrheitet. Der Verwaltungsapparat der Gemeinden wurde vielmehr aufgestockt und das Leistungsangebot ausgeweitet. Mit anderen Worten, es wurde teurer. Wo die wirklich gigantischen Sparpotenziale in unserem Staat liegen, zeigt vielmehr das Beispiel des neuen Wiener Hauptbahnhofs. Dieses von ÖBB, Bund und Stadt Wien gemeinsam finanzierte Bauvorhaben kostet nämlich statt ursprünglich angenommen 500 Millionen nun gerade doppelt so viel, nämlich etwa 1 Milliarde Euro. Von einem professionellen Vorgehen kann da wohl nicht gesprochen werden.
Selbst wenn die Landtage der neun Länder ersatzlos abgeschafft würden, könnten damit auch auf lange Sicht nicht einmal die Mehrkosten des Wiener Hauptbahnhofs eingespielt werden. Und würden die Aufgaben der Länder vom Bund übernommen, wäre erst recht eine Kostenexplosion zu erwarten.
peter.bussjaeger@vn.vol.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Vorarlberger Landtages und
leitet das Institut für Föderalismus in Innsbruck.
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