Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Politik der kurzen Wege

Vorarlberg / 15.11.2012 • 20:57 Uhr

Es vergeht kein Tag, an dem nicht verschiedene Experten die Zusammenlegung von Schulen, Behörden, Gemeinden, Feuerwehren, Pflegeheimen oder anderen Einrichtungen fordern. Diese Forderung ist nicht immer unbegründet. Manchmal ist die größere Einheit tatsächlich effizienter, weil sie zu niedrigeren Kosten produzieren kann. Das haben die Experten schon an der Universität gelernt. Sie erwähnen freilich nicht, dass die Kosten der Zusammenlegung häufig von den Bürgern getragen werden, weil sie etwa längere Wegstrecken zu Behörden, Krankenhäusern oder Pflegeheimen zurücklegen müssen oder weil die Feuerwehr später anrückt.

Allerdings trifft die Theorie, dass die größere Einheit effizienter arbeitet, keineswegs immer zu. Das Land Vorarlberg ist dafür das beste Beispiel. Eine von der Europäischen Kommission vor Kurzem durchgeführte Umfrage in 170 Regionen Europas bescheinigt beispielsweise dieser im Vergleich sehr kleinen Region die beste Wirtschaftslage und die beste Lebensqualität in ganz Europa.

Neue Erkenntnisse aus der Raumplanung betonen außerdem die Bedeutung der „Politik der kurzen Wege“. Infrastruktureinrichtungen sollen in Zukunft nicht mehr groß, sondern vor allem leicht erreichbar sein. Die Bedeutung der kurzen Wege wird jedem klar, der sich an der Tankstelle nicht nur über die steigenden Benzinpreise ärgert, sondern nachdenkt, wie die Zukunft ausschauen wird.

Der Bereitstellung von Dienstleistungen vor Ort wird daher wieder größere Bedeutung zukommen. Diese Entwicklung ist unausweichlich, auch wenn etwa Rechnungshöfe, weil sich ihre Experten von starren Denkmustern nicht befreien können, weiterhin das Zusperren von Kleinschulen, Pflegeheimen oder Feuerwehren fordern.

Eine wirklich vorausschauende Politik der kurzen Wege wird daher das, was die Verwaltung über das Internet erledigen kann, online anbieten und für alle anderen Dienstleistungen eine gute regionale Streuung ermöglichen. Dabei ist auch die Raumplanung gefordert, die Zersiedelung und die Ausdehnung der Siedlungsränder endlich wirksam einzuschränken. Die Gemeinden sollten nicht mehr jede beliebige Umwidmung an den Siedlungsrändern genehmigen, nur weil es aus welchen Gründen auch immer unbequem ist, Nein zu sagen.

peter.bussjaeger@vn.vol.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Vorarlberger Landtages und
leitet das Institut für Föderalismus in Innsbruck.
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