„Auch Barack Obama hat kein Sparkonzept“

Vorarlberg / 04.01.2013 • 21:33 Uhr
Hanno Settele war zehn Jahre lang im Nervenzentrum der Weltpolitik als Korrespondent tätig. Foto: vn/steurer
Hanno Settele war zehn Jahre lang im Nervenzentrum der Weltpolitik als Korrespondent tätig. Foto: vn/steurer

Zehn Jahre war der Dornbirner USA-Korrespondent für den ORF. Jetzt zieht er Bilanz.

Dornbirn. Er galt als Mann der klaren Worte, versuchte komplexe Zusammenhänge stets einfach und vorstellbar zu präsentieren und polarisierte genau deswegen: Jetzt ist der Dornbirner Hanno Settele (48) als USA-Korrespondent des ORF Geschichte. Seit Jahresbeginn hat der zweifache Familienvater seine privaten und beruflichen Zelte wieder in Wien aufgeschlagen. In einem VN-Interview zieht Settele Bilanz über seine Zeit in den USA. Seine Grundprognose für die Zukunft der Weltmacht: Amerika bleibt innerlich zerrissen, hat allerdings stets die Kraft, Probleme zu lösen.

Sie waren zehn Jahre lang USA-Korrespondent. Wie sehr fehlt Ihnen Amerika?

Settele: Eigentlich gar nicht. Ich bin jetzt erst zwei Wochen wieder in Österreich und hatte Urlaub. Zehn Tage davon war ich am Bödele. Ich habe diese Zeit sehr genossen. Nein, die USA gehen mir nicht ab. Man muss ja auch etwas abschließen können. Ich habe mich zu diesem Schritt entschlossen und ziehe das jetzt durch.

Seit langer Zeit waren Sie an Weihnachten erstmals zu Hause. Wie haben Sie das Fest in den USA begangen?

Settele: Unspektakulär, aber doch auch so, wie man das hier macht. Ein kleines Christbäumchen war immer dabei, und natürlich haben wir auch Geschenke ausgetauscht. Oft war in den USA die Familie meiner Frau dabei. Heuer haben wir in Wien gefeiert. Und am 25. Dezember war ich schon zu Hause in Dornbirn.

Was machen Sie künftig beim ORF in Wien?

Settele: Ich werde als ganz normaler Redakteur arbeiten.

Kommen wir zu den USA. Wie hat sich das Land während Ihrer zehnjährigen Dienstzeit als USA-Korrespondent verändert?

Settele: Es hat sich nicht rasend verändert. Gewisse Tendenzen wurden verstärkt. Die Verteilung des Wohlstands ging weiter von unten nach oben, die Schulden übersteigen hundert Prozent des Bruttoinlandsprodukts und es geht in dieser Tonart munter weiter. Was dieses Land bei den Gläubigern weiterhin kreditwürdig hält, ist die Tatsache, dass, wenn es eine politische Einigung zur Schuldenbremse gibt, die entsprechenden Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden. Das ist anders als in Europa, wo Frau Merkel „hü“ ruft und Herr Hollande „hott“.

Wird sich Obama im Budgetstreit durchsetzen – jetzt, wo er nicht mehr wiedergewählt werden muss und vielleicht anders vorgehen kann?

Settele: Obama hat selbst kein wirkliches Konzept zum Schuldenabbau. Er hat nur eine andere Vorstellung zur Aufrechterhaltung der Kaufkraft. Er will die Reichen besteuern und den Mittelstand verschonen. Konkrete Sparpläne gibt es bei ihm auch nicht. Demokraten und Republikaner werden sich weiterhin von einem Kompromiss zum anderen hanteln und temporäre Vereinbarungen treffen. Wobei ich eines sagen muss: Ein schlechter Kompromiss in den USA funktioniert immer noch besser als ein guter Kompromiss in Europa.

Warum ändern eigentlich die Republikaner ihre extremen Positionen nicht?

Settele: Es ist tatsächlich bemerkenswert, wie die Republikaner alles unternehmen, ihr Negativ-Image zu stärken. Sie sind offensichtlich immer noch in der Beleidigten-Phase.

Welche Rolle spielt dabei eigentlich die Tea Party?

Settele: Die Tea Party besteht aus archetypischen Republikaner-Wählern: 50 plus, weiß und mit einer Geschichte, die schon bessere Zeiten erlebte. Sie sehnen sich nach einer Einfachheit, die es noch in den 60ern oder 70ern gab. Aber diese Menschen werden von den Superreichen des Landes ausgenützt. Die wollen ganz einfach noch mehr Geld verdienen und instrumentalisieren diese Menschen.

Eine letzte persönliche Frage: Sie haben sich vergangenes Jahr für den Posten des Landesdirektors im Studio Vorarlberg beworben. Wie enttäuscht waren Sie, dass Sie es nicht geworden sind?

Settele: Der ORF-Generaldirektor hat den jetzigen Landesdirektor empfohlen, der Vorarlberger Landeshauptmann hatte dagegen keine Einwände, also hat Vorarlberg die richtige Person für diesen Job.

Die Anhänger der Tea Party werden von den Superreichen des Landes ausgenützt.

Hanno Settele