„Zumba-Kurse werden gestrichen“

Vorarlberg / 08.03.2013 • 19:35 Uhr
Sebastian Manhart und Jürgen Albrich (v. l.) zu Besuch in der VN-Redaktion. Foto: vn/hartinger
Sebastian Manhart und Jürgen Albrich (v. l.) zu Besuch in der VN-Redaktion. Foto: vn/hartinger

Die zwei Neuen auf der Kommandobrücke des Vorarlberger Sports über ihre Aufgaben.

Schwarzach. Ihre Bestellungen wären unter normalen Umständen nichts Aufsehenerregendes gewesen. Doch der Skandal im Sportservice mit den damit verbundenen Rücktritten ihrer Vorgänger sowie Sportlandesrat Siegi Stemer hat sie ungewollt ins Rampenlicht gespült. Vom neuen Sportamtsleiter Jürgen Albrich (39) und dem bald seinen Job antretenden neuen Geschäftsführer des Vorarlberger Sportservice, Sebastian Manhart (37), wird viel erwartet. Vor allem: Transparenz, Aufrichtigkeit und Kommunikationsfähigkeit. Den VN stellten sich die zwei neuen Kapitäne auf der Kommandobrücke des Vorarlberger Sports zu einem großen Interview.

Was reizt Sie an Ihrer neuen Tätigkeit?

Manhart: Dass ich meine Kenntnisse in Recht und Betriebswirtschaft in den Dienst des Sports stellen kann. Wobei schon klar ist, und das vielleicht im Zuge der Turbulenzen etwas untergegangen ist: Ich bin primär der kaufmännische Geschäftsführer der Einrichtung Sportservice.

Albrich: Mich reizt als Sportamtsleiter die Materie Sport. Dieser hat mich ein Leben lang begleitet. Jetzt darf ich ihn auf einer anderen Ebene erleben – als jemand, der leiten und strukturieren kann. Das macht diesen Job so interessant.

Worin sehen Sie Ihre größten Herausforderungen?

Albrich: Unmittelbar wird dies das Schaffen von einem guten Arbeitsverhältnis sein, dass während der Arbeit das Untereinander und Miteinander gut funktioniert. Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit mit Sebastian. Inhaltlich wird mich mittelbar wohl das Nordic- Konzept und die EYOF 2015, die Jugend-Winterspiele, am meisten beschäftigen.

Manhart: Das Sportservice braucht nach einer Zeit des schnellen Wachsens und der zuletzt aufgetretenen Turbulenzen jetzt vor allem Konsolidierung. Es macht derzeit gewiss keinen Sinn, zu überlegen, was man noch alles entwickeln sollte.

Kennen Sie einander?

Manhart: Wir haben uns bis zum Faschingsdienstag nicht gekannt. Als dann unsere Bestellungen bekannt wurden, haben wir kurz miteinander telefoniert.

Albrich: Genau so war’s.

In Vorarlberg betreibt jeder Zweite gelegentlich Sport, es gibt 870 Sportvereine, 9000 Personen wirken in Vereinen ehrenamtlich mit, es gibt 1900 Trainer, Lehrwarte und Übungsleiter für über 30.000 Jugendliche. Sind das Zahlen, die man nur halten kann, oder sogar noch ausbauen?

Albrich: Das sind schöne Zahlen. Trotzdem muss es das Ziel sein, noch mehr Jugendliche zum Sport zu bringen. Wobei das zugegeben nicht leicht ist. Was mich freut: Die Teilnehmerzahlen von Volksläufen sind enorm, man sieht so viele Menschen auch z.B. auf den Karren, den Pfänder oder den Muttersberg laufen. Klar bietet unser Land auch eine ideale Topographie für Bewegung.

Manhart: Schön wäre es natürlich, wenn sich jeder bewegen würde. Auch wenn das unrealistisch ist. Aber jede Zunahme ist erfreulich. Und wir müssen Initiativen wie „Vorarlberg bewegt“ weiterhin mit viel Engagement versehen.

Vorarlberg als Sportland Nummer eins. Diese Losung wurde noch vor Kurzem selbstbewusst verkündet. Wie stehen Sie dazu?

Albrich: Mit solchen Sätzen möchte ich mich noch zurückhalten. Aber natürlich: Wenn du sagst, du willst Zweitbester werden, dann kommt das nicht gut. Die Frage ist doch: Was können wir im Rahmen der bestehenden Strukturen erreichen?

Manhart: Dass man irgendwann die Nummer eins in Ergebnislisten wird ablesen können, kann ich nicht prophezeihen. Aber auch ich sage: Die Nummer zwei kann nicht unser Ziel sein. Wir müssen weiter daran arbeiten, die besten Rahmenbedingungen für Sportausübung zu schaffen. Auch wenn das für die Breite gilt.

Wann gibt es den neuen Sportlichen Leiter im Sportservice?

Manhart: Es ist noch gar nicht sicher, ob es überhaupt einen geben wird. Vom Sport­ausschuss sind jedenfalls noch keine klaren Signale gekommen.

Das überrascht. Wird das Sportservice überhaupt verkleinert und in seiner Struktur beschnitten?

Manhart: Das Organigram mit den verschiedenen Bereichen bleibt. Man wird sehen, ob mit diesem Personalstand und dem bestehenden Angebot. „Zumba-Kurse“ (Anm: Zumba ist ein Tanz) wird es sicher nicht mehr geben. Das kann ich verraten. Und jene Mitarbeiter, die bisher im „Element“-Gebäude waren, werden mit Ende März ins Landessportzentrum übersiedeln.

Albrich: Es gab beim Sportservice mehrere bedeutende personelle Abgänge. Da wird man natürlich etwas tun müssen. Ich könnte mir vorstellen, dass wieder es einen Sportlichen Leiter gibt, der auch gleich einen Bereich übernimmt.

Manhart: Es muss ganz sicher jemanden geben, der bei trainingswissenschaftlichen und sportmedizinischen Fragen erster Ansprechpartner ist.

Albrich: Und es müsste jemand sein, der kommunikationsfähig ist und mit den Landestrainern gut kann.

Wird Martin Schäffl, der als ehemaliger Geschäftsführer die Sportservice-Affäre ins Rollen brachte, in einer anderen Funktion bleiben können?

Manhart: Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten.

Was werden Ihre ersten Amtshandlungen sein?

Albrich: Eine Zusammenkunft mit allen Verbänden zu organisieren. Dort werden wir informieren, Informationen selbst einholen, Fragen stellen und auch beantworten.

Manhart: Ich war bisher nur ganz kurz an meiner neuen Arbeitsstelle. Dort hat man mich aber nur hingestellt und gesagt: Das ist jetzt der Neue. Wirkliche Gespräche habe ich noch nicht geführt.

Wie dankbar oder undankbar ist die Ausgangssituation für Ihren Dienstantritt zum jetzigen Zeitpunkt?

Albrich: Ich sehe das zwiespältig. Einerseits weiß ich noch nicht viel, weil ich von außen komme. Ich kann also nicht einfach Know-how übernehmen. Andererseits kann ich neu anfangen. Der Aufsichtsrat hat bereits gute Voraussetzungen geschaffen. Ich kann befreit an die Sache herangehen.

Manhart: Ich finde, die jetzige Situation bietet irrsinnige Chancen. Man kann neu anfangen. Das Team des Sportservices kann jetzt wieder zu einer Einheit werden.

Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?

Albrich: Ich habe einen Wandel durchgemacht. Das ist vor allem aufgrund meiner Lehrertätigkeit an der Berufsschule geschehen. Von der Wolfssprache habe ich zur Giraffensprache gewechselt. Das bedeutet: Als Wolf wollte ich früher oft mit der Brechstange vorgehen. Die Giraffe hat einen langen Hals und daher eine Übersicht über das Geschehen. Ich habe gelernt, Dinge mit Ruhe anzugehen.

Manhart: Ich bin ein Fan von miteinander getroffenen Entscheidungen. Ich will nicht von oben herab alles vorgeben. Aber ich habe auch keine Scheu davor zu sagen: So ist es jetzt.