Falscher Adressat
Der Bundesrat ist zuletzt durch zwei Personalentscheidungen in die Schlagzeilen geraten: Zuerst, als der Fraktionsführer der SPÖ im Bundesrat, Gerald Klug, zum Verteidigungsminister aufstieg, dann, als der abgewählte Kärntner Landeshauptmann Dörfler von seinem Landtag in den Bundesrat geschickt wurde. Dieser Fall war deshalb besonders pikant, weil Dörfler den Bundesrat vor nicht allzu langer Zeit abschaffen wollte, aber nun ist ihm, mangels anderer Alternativen, diese Funktion gerade recht.
Die beiden Beispiele beweisen, dass der Bundesrat, wie es ein Politiker einmal nobel formulierte, „eine wichtige Rolle in der Karriereplanung der Parteien für ihre Funktionäre spielt“. Das ist grundsätzlich nichts Schlechtes, solange die Bundesräte auch das tun, was ihre eigentliche Aufgabe ist, nämlich die Interessen der Länder zu vertreten. Das gelingt ihnen jedoch nur teilweise, vor allem, weil der Nationalrat kein großes Interesse an einem selbstständigen Bundesrat hat und ausnahmslos alle Parteien auf Bundesebene danach trachten, dass ihre Bundesräte genauso abstimmen wie die Nationalräte.
Nunmehr wurde der Vorschlag gemacht, die Bundesräte nicht mehr wie bisher von den Landtagen, sondern direkt von der Bevölkerung wählen zu lassen. Das klingt zunächst nicht schlecht, weil es den unmittelbaren Einfluss der Wählerinnen und Wähler stärkt.
Schaut man sich den Vorschlag jedoch näher an, kommen Zweifel auf: Es ist nicht gesagt, dass sich direkt gewählte Bundesräte stärker vom Nationalrat emanzipieren würden als von den Landtagen gewählte. Das Gegenteil wäre wohl der Fall. Die Länder hätten dann überhaupt keinen Einfluss mehr darauf, wie „ihre“ Bundesräte im Parlament abstimmen.
Der Bundesrat ist daher der falsche Adressat, wenn man den Einfluss der Wählerinnen und Wähler stärken will. Vielmehr wäre beim Nationalrat anzusetzen, weil dort die maßgeblichen Entscheidungen getroffen werden. Diese Chance wurde jedoch auf Bundesebene trotz vieler Versprechungen vergeben. Was den Bundesrat betrifft, so sollte man sich darauf konzentrieren, seine Position aufzuwerten und den Einfluss der Länder auf seine Entscheidungen zu stärken.
peter.bussjaeger@vn.vol.at; Peter Bußjäger ist Direktor
des Instituts für Föderalismus in Innsbruck. Die VN geben
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Sie muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.
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