Kampf für Blick auf Sonnenuntergang

Vorarlberg / 06.05.2013 • 19:38 Uhr
Gerald Aubrecht möchte umfassende Informationen über das geplante Bauprojekt vor seiner Nase. Foto: VN/Hofmeister
Gerald Aubrecht möchte umfassende Informationen über das geplante Bauprojekt vor seiner Nase. Foto: VN/Hofmeister

Geplanter Bau am See vis-à-vis des Bregenzer Militärbades sorgt für Gesprächsstoff.

Bregenz. Das Bahnwärterhäuschen nahe des Bahn-Fußgängerübergangs beim „Mili“ in Bregenz gehörte viele Jahrzehnte zum Stadtbild der Landeshauptstadt. Nun wird das baufällige Objekt abgerissen. So weit, so gut und auch verständlich. Doch was an dessen Stelle treten soll, sorgt nicht nur für Jubelstürme am See. Geplant ist die Errichtung eines quaderförmigen Baukörpers, dessen Dimension das bald verschwindende Relikt aus guten alten Bahnzeiten um vieles überragt: Zweieinhalb Meter höher wird das vom Dornbirner Architekten und Miteigentümer Christoph Kalb geplante Gebäude, für dessen Bewilligung er gemeinsam mit einer zweiten Person bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz angesucht hat.

Einsicht gefordert

Und es ist auch die Bezirkshauptmannschaft Bregenz, welche von den Anrainern in die Kritik geraten ist. „Von dieser wurden wir nämlich zur Bauverhandlung gar nicht eingeladen“, beschweren sich Gerald und Gerti Aubrecht, die direkt gegenüber dem Bahnwärterhaus wohnen und denen der Baukörper einiges von der bisher ungetrübten Sicht auf den Bodensee nehmen wird. „Natürlich fände ich es schade, wenn der Baukörper uns die Sicht auf den Sonnenuntergang nähme. Aber wenn das alles rechtens ist – okay. Was soll ich machen? Gewaltig stört mich und andere allerdings das Verhalten der Bezirkshauptmannschaft. Wie kann es sein, dass wir nicht als Nachbarn gelten, nur weil die Straße dazwischen liegt? Und dass wir von der Behörde keinen Einblick in den Bauakt erhalten?“

Was heißt „Auswirkung“?

Tatsächlich lässt sich ohne rechtsverbindliche Einsicht von der BH schwer prüfen, ob den Bewohnern der Wohnanlage Bregenzer Straße 69 bis 77 Nachbarschaftsrechte entzogen wurden oder nicht. Im Vorarlberger Baugesetz (siehe Faksimile) wird Eigentümern eines fremden Grundstückes jedenfalls ein diesbezügliches Recht im Falle einer „Auswirkung“ durch das geplante Bauwerk eingeräumt. Für den Leiter der Abteilung Wirtschafts- und Umweltschutz an der BH Bregenz, Philipp Abbrederis, besteht keine Veranlassung, den verstimmten Anrainern Einblick in den Akt zu gewähren. Abbrederis sieht keine „Auswirkung“ auf jene, die zwar in nächster Nähe, aber eben nicht direkt neben dem geplanten Bauobjekt leben. Und deshalb werde die BH dem Antrag keine Zustimmung geben. „Das Gesetz ist da auf unserer Seite.“

Am See sensibel

Diese Sicht der Dinge stößt bei den betroffenen Anrainern auf Empörung. „Warum informieren sie denn nicht umfassend und mit allem, was dazu gehört, wenn sie ja eh nichts zu verheimlichen haben?“, fragt sich nicht nur Gerald Aubrecht. Bauherr Christoph Kalb, der das Gebäude ausschließlich als sein Wohnhaus nützen möchte, bietet den behördlich nicht anerkannten Nachbarn seine volle Kooperation an. „Es ist alles in Ordnung. Das kann ich belegen.“ Den Nachbarn ist das allerdings nicht genug. Eine Baubewilligung für das Objekt liegt bisher noch nicht vor.

Wie sensibel jede bauliche Aktivität gerade am Seeufer beäugt wird, dokumentiert auch das geplante sechsstöckige Gebäude an Stelle des alten Bahnhofes in Lochau. Auch dort regt sich – die VN berichteten – Widerstand gegen die Dimension des geplanten Bauwerks.

Das Gesetz ist da auf unserer Seite. Es gibt keine Auswirkungen.

Philipp Abbrederis
Auszug aus dem Vorarlberger Baurecht.
Auszug aus dem Vorarlberger Baurecht.
So soll das Gebäude am Seeufer aussehen.
So soll das Gebäude am Seeufer aussehen.