Kein Telemark bei Schanzenbau

Nordic-Sportzentrum-Aufsichtsrat tagte. Mennel verlangt genaue Dokumentation.
Tschagguns. Von halb zehn bis halb zwei saßen die Aufsichtsräte des Nordic Sportzentrums am Freitag in der Latschauer Straße 1 in Tschagguns unter Vorsitz von Sportlandesrätin Bernadette Mennel (54) zusammen. Hauptthema: Eine Analyse der unerfreulichen Entwicklungen beim Bau des Schanzenprojekts. Dort wurden auf dem 2,5 Hektar großen Baugrundstück – die VN berichteten – Lehmschichten entdeckt, die weitreichende Maßnahmen zur Stabilisierung des Untergrunds erforderlich machen. Die Konsequenzen: Der Termin für die Inbetriebnahme der insgesamt vier Sprungschanzen kann nicht im Februar des kommenden Jahres erfolgen. Und vor allem: Die kalkulierten Kosten von 11,97 Millionen Euro sind nicht mehr zu halten. „Wir müssen mit zusätzlichen Ausgaben zwischen zwei und drei Millionen Euro rechnen“, hält Elmar Egg (50), Geschäftsführer der Montafon Nordic Sportzentrum GmbH, unmissverständlich fest.
Schweres Erbe
Bernadette Mennel: „Ich habe eine exakte Chronologie aller Aktivitäten vom Zeitpunkt der erstellten Gutachten bis zum heutigen Tag angeordnet. Ich will, dass alle Zahlen auf den Tisch kommen und verlange regelmäßige Berichterstattung.“ Die Aufsichtsratsmitglieder seien vom Leiter der Bauaufsicht, Heinz Fleisch, kompetent über die geologischen Gegebenheiten des Geländes informiert worden. „Klar ist, dass wir bei allen Bautätigkeiten streng auf die Kosten achten. Klar ist aber auch: Was immer wir durch die Beschaffenheit des Bodens an Mehrausgaben zu tätigen haben, müssen wir schlucken. Ein Zurück vom Projekt gibt es nicht mehr“, macht die Sportlandesrätin klar, die von ihrem Vorgänger Siegi Stemer ein schweres Erbe übernommen hat.
Schätzung, Kalkulation
Beliefen sich die ersten Kostenschätzungen für das Projekt im Jahre 2007/2008 noch auf rund 6,72 Millionen Euro, so ist mit heutigem Stand von Ausgaben in Höhe zwischen 14 und 15 Millionen Euro auszugehen. Elmar Egg will diese Darstellung jedoch so nicht stehen lassen. „Die ersten Schätzungen waren tatsächlich Schätzungen, eine realistische Kalkulation gab es erst später. Und jetzt stehen wir vor einem Problem, bei dem wir immer wieder hingewiesen haben, dass es entstehen könnte“, argumentiert der Geschäftsführer.
Immer wieder kritisch beäugt hat das Projekt der Landesrechnungshof. Dort heißt es im Bericht vom September 2011 unter anderem: „Das Land Vorarlberg trägt bei der Errichtung der Anlagen im Montafon ein hohes Finanzierungsrisiko. Es sollte daher bestrebt sein, die Anlagen im Montafon möglichst kostengünstig und unter dem Aspekt einer realistischen Einschätzung der Nachnutzung zu errichten.“
Bösch will Offenheit
Die „Schanzendiskussion“ hat nun auch die Landespolitik erreicht. So fordert der Grünen-Sportsprecher, Bernd Bösch (52), Landesrätin Mennel auf, „alle Zahlen und Fakten offenzulegen“. Auch Bösch verweist auf den Rechnungshofbericht. „Offensichtlich hat sich die Regierung bei der Ausformulierung des Vertrags mit der Sportzentrum GmbH über diese warnende Kritik hinweggesetzt. Das rächt sich jetzt. Die GmbH baut, das Land zahlt und trägt alle anfallenden Mehrkosten“, so Bösch. Der Grünen-Sportsprecher verlangt auch mehr Transparenz.
Was der schlechte Boden an Mehrkosten verursacht, müssen wir schlucken.
bernadette mennel