„Verhängte Strafen sind ungewöhnlich streng“

Leitender Staatsanwalt Wilfried Siegele verteidigt Urteile gegen 18-jährige Schläger.
feldkirch. Die Tat selbst ist schockierend. Da sitzt ein Student nächtens auf einer Bank in einer menschenleeren Bahnhofshalle. Plötzlich kommen zwei junge Männer daher. Sie gehen auf den Studenten los und fangen an, ihn ohne Grund zu malträtieren: Immer wieder treten und schlagen sie ihm ins Gesicht. So geschehen am 30. März dieses Jahres in Feldkirch. Das Gericht wird später feststellen: Zwölf Fußtritte und 18 Schläge. Das Opfer hat Glück im Unglück: „Nur“ einen Nasenbeinbruch und eine Fingerverletzung bekommt es ab – die seelischen Verletzungen durch das traumatische Erlebnis nicht berücksichtigt.
Zivilrechtsklage
Bei der Verhandlung vergangenen Mittwoch am Landesgericht Feldkirch erhielten die beiden einschlägig Vorbestraften sechs bzw. acht Monate unbedingt. Zusammen mit den dadurch widerrufenen bedingten Strafen müssen sie nun zwölf bzw. 14 Monate ins Gefängnis. Oder auch nicht. Denn die Chancen stehen gut, dass sie die Strafen mit Fußfesseln außerhalb der Gefängnismauern verbringen können. Viele meinen: Für eine derart widerliche Tat ist das zu wenig. Auch Opferanwalt Johannes Michaeler, der im Namen seines Mandanten eigentlich nur „eine saftige Rechnung“ an die Täter auf dem Zivilrechtsweg durchsetzen will, erlaubt sich einen Kommentar bezüglich des strafrechtlichen Urteils. „Sie hätten auf absichtlich schwere Körperverletzung verklagt werden sollen, dann wäre auch der Strafrahmen ein höherer gewesen. Mir fällt überhaupt auf, dass das Gericht mit jugendlichen Gewalttätern sehr milde umgeht.“
Heute rechtskräftig?
Dieser Ansicht widerspricht der Leitende Staatsanwalt am Landesgericht Feldkirch, Wilfried Siegele, vehement. „Es wurde falsch berichtet: Die zwei jungen Erwachsenen erhielten ihre Strafe wegen vorsätzlicher und nicht fahrlässiger Körperverletzung. Sechs bzw. acht Monate unbedingte Haft sind für diese Tat sehr strenge Urteile“, rechtfertigt Siegele den Richterspruch. „Wir haben uns an die uns geltenden Gesetze mit dem vorgegebenen Strafrahmen zu halten. Und das haben wir getan.“ Siegele hat deshalb auch keine Berufung gegen die Strafhöhe angemeldet, die Urteile (Höchststrafrahmen drei Jahre Gefängnis) dürften mit dem heutigen Tag rechtskräftig werden.
Die beiden jungen Erwachsenen hätten nicht mit gefährlichen Gegenständen, die zu bösen Verletzungen führen können, auf ihr Opfer eingeschlagen, so Siegele weiter. „Die Verletzungen waren nicht so dramatisch. Und natürlich muss der Grad der Verletzung für die Qualifizierung der Tat berücksichtigt werden“, argumentiert Siegele. „Ich fühle trotzdem mit dem Opfer, und ich wünsche dem Mann alles Gute.“
Mir fällt auf, dass das Gericht mit jugendlichen Gewalttätern stets eher mild umgeht.
Johannes Michaeler, anwalt