“Sie wissen nicht, was es bedeutet“

Vorarlberg / 27.11.2013 • 20:32 Uhr
Martina Netzer: korrigieren, korrigieren, korrigieren - und bald noch mehr korrigieren?  Foto: VN/Paulitsch
Martina Netzer: korrigieren, korrigieren, korrigieren – und bald noch mehr korrigieren? Foto: VN/Paulitsch

AHS-Junglehrerin Martina Netzer (27) kritisiert neues Lehrerdienstrecht heftig.

Bregenz. Sie ist jung, ehr­geizig, fleißig und erleichtert. Gymnasial-Junglehrerin Martina Netzer betrifft das zur parlamentarischen Beschlussfassung vorgelegte Lehrerdienstrecht nicht. Sie wird im alten bleiben können und daher künftig nicht jener Pädagogen-Gruppe angehören, die zu den absoluten Verlierern des umstrittenen Machwerks gehören. Die Bregenzerin unterrichtet am BG Gallusstraße die Korrekturfächer Deutsch und Englisch. Eine Kombination mit maximalem Nachbereitungsbedarf. „Ich unterrichte 18 Stunden in fünf Klassen, davon sind vier Oberstufe. Ich korrigiere nicht nur die zum Teil komplexen Schularbeiten, sondern auch jede schriftliche Hausübung. Mit einer Oberstufenschularbeit bin ich durchschnittlich 15 Stunden beschäftigt. Rechne ich die Vorbereitung dazu heißt das für mich pro Woche 45 bis 50 Stunden Arbeit.“

50 Schüler mehr

Deutsch und Englisch zählen zu den Fächern mit der höchsten Werteinheit. Das heißt: Eine Unterrichtsstunde Englisch bzw. Deutsch wird mit dem Faktor 1,167 berechnet.

Insgesamt braucht ein Lehrer an einer Höheren Schule 20 Werteinheiten für eine volle Lehrverpflichtung. „Jetzt stelle man sich vor“, verdeutlicht Martina Netzer, „ich wäre im neuen Lehrerdienstrecht. Dann müsste ich sieben Stunden mehr unterrichten, hätte zusätzliche zwei Klassen mit 50 Schülern und einen erklecklichen Mehraufwand für Korrekturen. Das hieße: Viel weniger Zeit für jeden Schüler, viel mehr Arbeit für dasselbe Geld. Wobei letzteres für mich nicht das Wichtigste ist. Lieber hätte ich dafür eine zeitliche Abgeltung im Schulalltag. Aber das geht ja nicht.“

Keine Großverdienerin

Eine Großverdienerin ist die AHS-Lehrerin in ihrem dritten Dienstjahr nicht. „Der Grundlohn beträgt 1675 Euro netto. Und viel mehr ist da nicht. Dafür habe ich immerhin sechs Jahre inklusive Auslandsaufenthalt studiert.“ Mit ihren 18 gehaltenen Stunden (zwei davon haben als Wahlpflichtgegenstand eine geringere Werteinheit) bringt Martina Netzer es auf insgesamt knapp 21 Werteinheiten – das ist eine Überstunde. Für die junge Bregenzerin, die mit Leib und Seele als Lehrerin arbeitet und an ihrer jetzigen Dienststätte vor zehn Jahren selber maturierte, ist klar: „Vonseiten der Politik und vieler Medien wird falsch über die wahren Konsequenzen dieses Dienstrechts berichtet. Und jene Studenten, die sich jetzt für ein Lehramtsstudium entscheiden, wissen vielleicht gar nicht, was es für sie bedeutet.“

„Tolle Lehrerin“

Martina Netzer ist wenig zuversichtlich, dass sich am bestehenden Gesetzesentwurf noch etwas ändert. „Ich kann es mir einfach nicht vorstellen. Die werden das wohl so beibehalten, wie es ist.“ Die Freude am Beruf möchte sich die 27-Jährige nicht nehmen lassen. „Ich wollte schon immer Lehrerin werden. Jetzt bin ich es. Und ich bin es gerne.“ Sehr zur Freude ihres Chefs, Direktor Thomas Mittelberger (56). „Martina ist eine ganz tolle Lehrerin. Eine, die mit vollem Einsatz bei der Sache ist und keine Arbeit scheut.“

Dieses Dienstrecht würde bedeuten: Mehr Stunden, weniger Zeit für die Schüler.

Martina Netzer
Martina Netzer: korrigieren, korrigieren, korrigieren – und bald noch mehr korrigieren?  Foto: VN/Paulitsch
Martina Netzer: korrigieren, korrigieren, korrigieren – und bald noch mehr korrigieren? Foto: VN/Paulitsch