Bundesanwalt oder Weisenrat?
Justizminister Brandstetter hat sich dadurch in den Medien viele Sympathien gesichert, dass er Bereitschaft zeigte, das berüchtigte Weisungsrecht des Justizministers gegenüber den Staatsanwaltschaften zu überdenken. Schon demnächst soll ein sogenannter Weisenrat jeden einzelnen Fall einer Weisungserteilung überprüfen. Viele sind jedoch mit einer solchen Reform nicht zufrieden und fordern die gänzliche Abschaffung des Weisungsrechts.
Warum eigentlich? Staatsanwälte sind keine Richter, sondern entscheiden, ob gegen eine bestimmte Person Untersuchungen geführt und sogar Anklage erhoben werden soll. Natürlich haben viele Bürger beim Stichwort Weisungsrecht vor Augen, dass mit Hilfe der Weisung politisch unliebsame Erhebungen oder Anklagen abgewürgt werden. Solche Fälle sind vor allem in den 70er-Jahren immer wieder vorgekommen.
Was würden aber jene Leute, die so vehement für die Abschaffung des Weisungsrechts eintreten, sagen, wenn ein Staatsanwalt in einem Fall, der geradezu nach Aufklärung schreit, untätig bleiben würde und niemand dafür sorgen könnte, dass eingeschritten wird? Was würden sie sagen, wenn sich ein Staatsanwalt in einen schwierigen Fall verzetteln und alle anderen Aufgaben vernachlässigen würde? Oder wenn er aus politischen Motiven gegen eine bestimmte Person vorgehen würde?
Das Weisungsrecht ist also für sich allein nichts Schlechtes und es gibt eigentlich keine Alternative dazu. In praktisch allen fortgeschrittenen Rechtsstaaten sind die Staatsanwaltschaften weisungsgebunden. Die Frage ist höchstens, wer befugt ist, eine solche Weisung zu erteilen. Sollte der Weisenrat des Justizministers nicht akzeptiert werden, dann spricht vieles dafür, die oberste Leitung der Staatsanwaltschaften einer unabhängigen Person zu übertragen, die, wie in der Schweiz der Bundesanwalt, vom Parlament gewählt wird. Diese Wahl dürfte allerdings nicht vom Nationalrat allein vorgenommen werden, sondern, ebenfalls wie in der Schweiz, von Nationalrat und Bundesrat gemeinsam. Schließlich wäre der Bundesstaatsanwalt eine Einrichtung des Gesamtstaates.
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus in Innsbruck.
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