Klaus Hämmerle

Kommentar

Klaus Hämmerle

Die tiefen Risse in der Justiz

Vorarlberg / 25.07.2014 • 20:35 Uhr

Wohl dem, der Freunde hat, die in auch schwierigen Zeiten zu ihm/ihr stehen. Die gestern verurteilte Kornelia Ratz befindet sich in dieser den Umständen angemessenen glücklichen Lage. Da sind nicht nur Mitglieder ihrer Familie, da sind auch mehrere Berufskollegen. Sie haben sich in all den für ihre Freundin harten Tagen um sie geschart, ihr Mut zugesprochen und sie getröstet. Das ist ehrenwert und verdient Respekt.

Wären da nicht die unübersehbaren Schattenseiten einer Loyalität, die weit über lobenswerte menschliche Zuwendung hinausgeht und einen bitteren Beigeschmack hinterlässt. Gemeint sind die Haltungen wichtiger Vertreter der Vorarlberger Justiz, die in sektenartiger Weise Realitäten nicht anerkennen wollen und offensichtliche Fakten ausblenden. Eine Feldkircher Bezirksrichterin etwa, deren Aussagen über historische Zusammenhänge beim Mutschler-Testament eine Beleidigung für jeden Hausverstand darstellen. Ebenso ist von anderen Exponenten der Justiz in Feldkirch bekannt, dass sie mit den Prozessergebnissen und den vorliegenden Indizien, gelinde gesagt, sehr unprofessionell umgingen. Auch die Reaktion des Bezauer Gerichtsvorstehers Metzler passt da ins Bild. Als ihn ein ihm gut bekannter Anwalt vor dem Schwurgerichtssaal grüßen wollte, wandte er sich demonstrativ ab. Es war einfach nur peinlich.

Es sind dies nur einige Beispiele von mehreren, die fassungslos machen. Nicht sehen, was man nicht sehen will, blinder Glaube statt fundierte Analyse, zwei nicht als Resultat von eins plus eins anerkennen wollen; die simple Einteilung in Gute und Böse. Nach dem Motto: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Und das von Personen, deren Urteilsfähigkeit und Objektivität im Gerichtssaal das Schicksal vieler Menschen bestimmt.

Natürlich sind in deren Augen auch die Medien schuld. Sie haben eine Hetze gegen die ehemalige Landesgerichts-Vizepräsidentin betrieben. „So ist sie halt, die Konni“, meinten die hohen Juristen nur, wenn sie von der Vorsitzenden mit den unverfrorenen Vorgangsweisen der Kollegin konfrontiert wurden.

Die charismatische Kornelia Ratz hat die Justiz in diesem Land tief gespalten. Das ist eine ernüchternde Erkenntnis der Testamentsaffäre. Dabei müsste es doch genau umgekehrt sein. Im Lichte der ungeheuerlichen Machenschaften rund um die Testamentsfälschungen wären Zusammenrücken und kollektive Betroffenheit vonnöten.

Das erwarten sich die Menschen in Vorarlberg, um wieder volles Vertrauen in alle unsere Richter und Staatsanwälte zu gewinnen.

klaus.haemmerle@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-634