Die neuen Grenzerfahrungen

Wenn die letzten Polizisten als Zollhelfer gehen, droht ein personelles Vakuum.
Lustenau. 186 Zöllner wurden 2004 zu Polizisten umgeschult. Ein großer Teil von diesen tat dann in Folge in verschiedensten Funktionen dort Dienst, wo sie sich auskannten – an den Grenzen zur Schweiz und nach Liechtenstein. Die Polizisten an den Zollämtern und in deren Umfeld waren eigentlich nicht mehr wegzudenken.
Doch bis Ende des Jahres werden die letzten von ihnen abgezogen. Notwendige Sparmaßnahmen werden von den Verantwortlichen als Grund genannt.
„Wir wissen nicht, wie das wird“, sagt der Lustenauer Zollamtsleiter Walter Moosbrugger (59). Er steht vor der nicht leichten Aufgabe, sich mit dem Verlust von 33 Polizeibeamten als Zollmitarbeitern zu arrangieren. Derzeit stehen ihm noch 16 Polizisten zur Verfügung. Am Ende des Jahres soll laut Vorgaben keiner mehr da sein. Der personelle Aderlass ist überall zu spüren.
Die Abfertigungen von Frachteinfuhren aus der Schweiz wurden sehr zum Unmut der heimischen Transportunternehmen zurückgefahren, die Abwicklung des Reiseverkehrs mit dem Abstempeln von täglich Hunderten und Tausenden Ausfuhren Schweizer Konsumenten in Vorarlberg ist nur mit großen Kraftanstrengungen zu bewältigen. Statt früher vier Polizisten steht jetzt nur noch einer zur Verfügung, eine mobile Zolleinheit muss aushelfen.
Bis zu 3000 Schweizer und Liechtensteiner verlangen an Spitzen-Einkaufstagen nach einem Stempel für ihre Ausfuhr. Der Andrang am Lustenauer Zollamt als einzige 24 Stunden geöffneter Dienststelle ihrer Art ist größer geworden, nachdem andere Zollämter ihre Dienstleistungen auch im Reiseverkehr zurückgefahren haben.
Nicht mehr zu sehen
„Die nach Österreich einreisenden Pkw-Lenker merken vom Personalabbau nichts“, schmunzelt Eduard Kessler, Chef der Zollpolizisten in Lustenau. „Wir sind ja nicht mehr zu sehen. Die Leute können unbehelligt durchfahren.“ Kessler war gerne in Lustenau. „Im neuen Jahr werden die von den Grenzen abberufenen Polizisten für Tätigkeiten im Asylwesen zusammengezogen“, erzählt der leutselige Meininger.
Insgesamt fünf Polizisten sind in ganz Vorarlberg noch dezidiert dem Zoll dienstzugeteilt, andere verrichten polizeiliche Sicherheitsdienste im Umfeld der Grenzen.
Schlecht bezahlt
Wie das alles im neuen Jahr wird, kann keiner so recht sagen. Die acht Planstellen beim Zoll, von denen Wirtschaftskammerpräsident Manfred Rein (65) in einem VN-Gespräch Ende Mai sprach, wird es jedenfalls nicht geben. Wie aus Zollkreisen zu erfahren war, werden es im Verlauf der kommenden Jahre höchstens fünf sein. Wobei damit auch anstehende Pensionierungen zu kompensieren seien. Eine echte Entlastung sieht anders aus. Geplant ist die Schaffung von einigen auf acht Monate befristeten Ersatzarbeiterjobs an den Zollämtern.
Doch wer diese Kurzzeitstellen trotz guter Chancen auf eine Verlängerung des Dienstverhältnisses wirklich will, ist fraglich. Das Problem: Die Jobs sind äußerst schlecht bezahlt.
Insgesamt werden die Zollverantwortlichen im Land künftig viel improvisieren müssen, um die nicht geringer werdenden Aufgaben an der EU-Grenze zu bewältigen.
Den Leuten gefällt’s, unbehelligt die Grenze zu passieren.
Eduard Kessler

Zollamt Lustenau
» 9000 Lkw reisen monatlich ein
» 11.000 Lkw reisen monatlich aus
» 730.000 Pkw passieren monatlich die Grenze
» Bis zu 3000 Ausfuhren werden an Spitzentagen am Zollamt abgestempelt