Luxemburg leaks
Die von den luxemburgischen Behörden tolerierten Steuertricksereien großer Konzerne haben im Rest Europas für Verärgerung gesorgt: Indem man Gewinne in Luxemburg versteckte, wurden jenen Staaten, in denen die Unternehmen tatsächlich tätig waren, Steuern entzogen.
Bestimmte dieser Konstruktionen waren schon nach dem bestehenden EU-Recht als sogenannte unerlaubte Beihilfen verboten und dürfen in Zukunft nicht mehr vorkommen. Einige Politiker sehen nun aber die Zeit für gekommen, über die Schließung von Steuerschlupflöchern hinaus eine EU-weite Steuerharmonisierung zu fordern. Diese sei, so wird argumentiert, gerechter und würde einen runiösen Steuerwettbewerb verhindern.
So gerechtfertigt die Empörung über Steuertricks sein mag, eine Vereinheitlichung der Steuersysteme wäre sicherlich die falsche Antwort. Auf welchem Standard sollte die Vereinheitlichung erfolgen? Wenn die wirtschaftlich schwachen Staaten im Süden Europas gezwungen werden, ihre Abgabenquote auf das Niveau von Deutschland oder sogar Österreich zu erhöhen, wird ihre Wirtschaft mit Folgen, die auch für uns spürbar wären, gänzlich ruiniert. Wenn dagegen Österreich seine Steuern etwa auf das Niveau Spaniens senken müsste, würden unsere Gesundheits- und Sozialversicherungssysteme zusammenbrechen. Der Sozialstaat wäre auch nicht ansatzweise zu finanzieren.
Steuerharmonisierung ist aber nicht nur unvernünftig, sondern auch nicht gerecht: Sie verhindert, dass wirtschaftlich schwächere Staaten durch niedrige Unternehmenssteuern an wirtschaftlicher Attraktivität gewinnen können. Irland zählte bis vor wenigen Jahrzehnten zu den ärmsten Ländern Europas. Noch im 20. Jahrhundert hungerten die Iren, während ihre landwirtschaftlichen Produkte zu lächerlich niedrigen Preisen vor allem nach England exportiert wurden. Dank niedriger Steuersätze haben sich mittlerweile zahlreiche Unternehmen in dem Land angesiedelt. Irland hat zudem mit bewundernswerter Disziplin die Finanzkrise bewältigt. Wären die Steuern in allen Mitgliedstaaten der EU gleich, wäre Irland niemals in der Lage gewesen, sich aus seinen ärmlichen Strukturen zu befreien.
Wer daher für eine Steuerharmonisierung eintritt, der will in Wahrheit bestehende Ungleichheiten erhalten. Mit Gerechtigkeit hat das nichts zu tun.
Auf welchem Standard sollte die Vereinheitlichung erfolgen?
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.
Die VN geben Gastkommentatoren Raum, ihre persönliche Meinung zu äußern.
Sie muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.
Kommentar