Lehrer bieten Regierung Stirn

Vorarlberg / 15.04.2015 • 22:05 Uhr
Lehrerprotestmarsch in Dornbirn im Dezember 2013. Es ist noch nicht so lange her, dass Pädagogen auf die Straße gingen. Foto: VN/Hartinger
Lehrerprotestmarsch in Dornbirn im Dezember 2013. Es ist noch nicht so lange her, dass Pädagogen auf die Straße gingen. Foto: VN/Hartinger

Geplante Erhöhung der Lehrverpflichtung lässt Pädagogen wieder an Streik denken.

Bregenz. (VN) Die Überlegungen von Bundeskanzler Werner Faymann (54) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (59), im Zuge
der Einsparungsmaßnahmen fürs Budget auch die Lehrer mit einer um zwei Stunden erhöhten Unterrichtsverpflichtung in die Pflicht zu nehmen, hat zu heftigen Reaktionen bei Pädagogenvertretern und Gewerkschaftern geführt.

Beamtengewerkschafts-Chef Fritz Neugebauer (70) stellte klar, dass mit ihm die Idee nach einer Ausweitung der Lehrerarbeitszeit um zwei Stunden pro Woche keine Chance auf Realisierung hat. „Erst vor wenigen Jahren wurde ein neues Dienstrecht verhandelt. Jeder Eingriff ins Dienstrecht und die Besoldung ist nicht annehmbar“, sagte Neugebauer.

Kritik an Heinisch-Hosek

In Vorarlberg ist die Front der Ablehnung gegen die Regierungspläne bei den Lehrern geschlossen. „Es ist ungeheuerlich“, ärgert sich Pflichtschulgewerkschafter Gerhard Unterkofler (56), „die Regierung versucht wieder, auf dem Rücken der Lehrer Budgetprobleme zu lösen.“ Hart geht der SPÖ-Kommunalpolitiker auch gegen die rote Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (53) vor. „Sollte die Ministerin diese geplante Aktion von Bundeskanzler Faymann und Vize Mitterlehner mittragen, ist sie rücktrittsreif.“ Unterkofler droht mit möglichen Streiks. „Wenn die Regierung diese unbezahlte Mehrarbeit durchdrücken will, dann muss es Kampfmaßnahmen geben.“

Den Bleistift hinlegen

Ähnlich sieht das AHS-Lehrervertreter Gerhard Pusnik (56): „Sollten sich diese Pläne konkretisieren, dann werden wir den Bleistift hinlegen“, drückt er sich auch  unmissverständlich aus. Man komme sich allmählich für dumm verkauft vor. „Immer wieder kommen diese Forderungen. Und es hat sich dieses Mal sehr entschlossen angehört. Dabei gäbe es genügend andere Möglichkeiten, Geld zu holen. Zum Beispiel durch eine Vermögensteuer“, argmentiert der Sprecher der Gymnasiallehrer, der mittlerweile auch im Zentralausschuss eine wichtige Rolle spielt. Gefordert ist laut Pusnik jetzt auch die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. „Fritz Neugebauer soll nicht mit den Regierenden in dieser Sache mauscheln, sondern die Interessen der Lehrer vertreten.“

Ein absolutes „No-Go“ sind die Regierungspläne für den Vorsitzenden der Unabhängigen Bildungsgewerkschaft in Vorarlberg, Gerhard Rüdisser (58). „Noch sind es Absichtserklärungen“, meint Rüdisser. Gleichzeitig kritisiert er Faymann, Mitterlehner und Co. scharf. „Es ist ja ein Armutszeugnis dieser Regierung, wenn sie immer wieder die alte Platte auflegt und gegen die Lehrer losgeht.“

Türtschers Ärger

Auch der ÖAAB-Lehrerobmann Wolfgang Türtscher (58) ist sich in dieser Frage mit den Kollegen der anderen Interessenvertretungen einig. „Eine einseitige Verlängerung der Arbeitszeit der Lehrer ist nicht gerechtfertigt und politisch nicht machbar“, so Türtscher. Er sei entsetzt über die Ankündigungen aus der österreichischen Bundesregierung. „Es ist in Österreich üblich, Fragen der Arbeitszeit sozialpartnerschaftlich zu verhandeln. Das ‚Drüberfahren‘ über eine Berufsgruppe ist unmoralisch, politisch unklug und führt auch nicht zum Ziel“, macht Türtscher seinem Ärger Luft.

Es sei unbestritten, dass die Arbeit als Pädagoge immer anstrengender werde. „Europaweit hören 50 Prozent aller Lehrenden in den ersten fünf Dienstjahren auf und suchen sich einen anderen Beruf, weil sie sich den Anforderungen nicht gewachsen fühlen. Und dann genau dieser Berufsgruppe mitzuteilen, wie das der Wiener Bürgermeister tut: ‚Arbeitet’s halt ein bisschen mehr!’ ist nicht nur unsensibel und beleidigend, sondern jenseits aller schulischen Realität“, sagte der ÖAAB-Lehrersprecher.

Die Regierungspläne sind für uns ein absolutes No-Go.

Gerhard Rüdisser

Ein ,Drüberfahren‘ über eine Berufsgruppe ist unmoralisch.

Wolfgang Türtscher