„Dammbruchgefahr ist bei Hochwasser groß“

RHESI-Projektleiter verdeutlicht die Notwendigkeit rascher Maßnahmen am Rhein.
Lustenau. Während das große RHESI-Projekt eher gemächlich vor sich hindümpelt, ist bei dringend notwendigen Maßnahmen zur Hochwassersicherheit am Rhein höchste Eile geboten. Im VN-Interview bestätigt RHESI-Projektleiter Markus Mähr die erhebliche Gefahr von Dammbrüchen am Rhein im Falle einer Überströmung der Schutzwälle. „Da würden große Wassermassen kommen“, sagt Mähr. Bis zur Umgestaltung von Fluss und Umland dürfte es hingegen noch dauern. Frühestmöglicher Baubeginn ist 2020.
Wie gefährlich ist der Rhein tatsächlich?
Mähr: Wir hatten aufgrund der Rheindämme 100 Jahre lang keinen Katastrophenfall. Wie schnell es gehen kann, hat man an der Donau gesehen, wo es in den letzten Jahren bereits zwei Mal zu Dammbrüchen gekommen ist. Wenn es am Rhein zum Überströmen der Dämme kommt, ist die Gefahr eines Dammbruches groß, und die Situation viel gefährlicher, als wenn das Flussgerinne vertieft ist und Wasser drüberläuft. Bei einem Dammbruch kommen ungleich größere Wassermassen.
Waren Sie überrascht von den Untersuchungsergebnissen der Rheindämme, die an 16 Stellen Schwachstellen zutage brachten?
Mähr: Schon ein bisschen, ja. Wir hatten mit Mängeln gerechnet, aber nicht mit so vielen. Allerdings sind die Untersuchungsmethoden heutzutage auch um so viel besser, dass Mängel besser erkannt werden. Wir waren überrascht vom vielfach heterogenen Aufbau der Dämme. Man konnte feststellen, wie diese immer wieder erhöht wurden, und dass unterschiedliches Material verwendet wurde.
Wie werden diese Schwachstellen repariert?
Mähr: Es werden die Dammfüße mit Schüttungen verstärkt und Dichtwände eingebaut. Dazu verwendet man entweder sogenanntes Betonitmaterial, oder man rammt Stahlspundwände in den Boden. Letztere Methode ist um ein Vielfaches teurer.
Wie lange dauern diese Arbeiten?
Mähr: Das Ziel ist, bis Ende 2016 fertig zu sein. Aber ich befürchte, es dauert länger, weil man ja immer wieder Genehmigungen braucht.
Was kostet diese Dammsanierung, und wer zahlt sie?
Mähr: Die Dammsanierungen in beiden Ländern kosten zwischen sechs und sieben Millionen Euro. Sie werden wie üblich zur Hälfte von den Staaten Schweiz und Österreich getragen.
Das Hochwasserschutzgroßprojekt RHESI (Anm: RHESI = Rhein, Erholung, Sicherheit) hätte schon 2017 in Umsetzung gehen sollen. Dieser Zeitplan ist nach den vielen Diskussionen und Konflikten nicht mehr zu halten. Wann geht es denn nun wirklich los?
Mähr: Diesbezüglich lege ich mich auf keinen Termin mehr fest. Ich kann nur sagen: Der frühestmögliche ist nach heutigem Stand 2020. Die Wahrscheinlichkeit, dass man dann beginnt, ist jedoch gering.
Die große Version des Projekts mit dem Rheinumland als Naturperle – Stichwort Auwälder, Biotope, Erholungsinseln – klingt sehr attraktiv. Wie realistisch ist diese große Version von RHESI noch?
Mähr: Wir verfolgen derzeit das sogenannte Trittsteinkonzept. Das heißt: Wir können zwar nicht auf voller Länge des Projektgebiets das Gerinne des Flusses ausweiten, aber auf bestimmten Abschnitten, konkret auf Abschnitten von 2,5 Kilometern Länge mit einer Breite von 350 Metern. Darauf sind Auwälder, Ruhigwasserzonen und Kiesinseln möglich. Diese Abschnitte dürfen jedoch nicht zu weit auseinanderliegen und müssen vernetzt sein.
Im November dieses Jahres sollen die Grundzüge einer Kompromissvariante vorgestellt werden. Bis wann gibt es die endgültige Variante?
Mähr: Das generelle Projekt soll bis Ende 2016 stehen. Bis dann sollen die offenen Fragen, wie jene der Trinkwasserversorgung, gelöst sein.
Wie sehr wächst man als Projektleiter mit einer Aufgabe wie RHESI?
Mähr: Natürlich wächst man mit einer solchen Aufgabe. Ich hatte diese Herausforderung am Beginn nie so komplex eingeschätzt. Ich habe einiges gelernt, zum Beispiel in Bezug auf Projektmanagement, und wie man Leute in die Planungen einbindet.
Zur Person
Markus Mähr
Der 41-jährige Röthner ist ausgebildeter Bauingenieur. Seine berufliche Karriere startete er bei Rhomberg-Bau. Danach arbeitete er einige Jahre bei “Tiroler Wasserkraft”. Seit 2011 leitet der zweifache Vater das Projekt RHESI.