Selbstgerecht
Nach den Landtagswahlen im Burgenland und in der Steiermark folgerten politische Analysten messerscharf, dass sich die Probleme im Asylwesen auf die Wahlen ausgewirkt hätten. In erster Linie wurden Länder und Gemeinden für das Chaos im Asylwesen verantwortlich gemacht, weil sie nicht willens und in der Lage seien, ausreichend Unterkünfte bereitzustellen. Die Zeltlager, die vom Innenministerium errichtet wurden, um Asylwerber aufzunehmen, für die noch keine Unterkunft gefunden ist, sind das Symbol für eine gescheiterte Asylpolitik.
Die Kritiker machen es sich leicht: Zum einen sind wir mit einem Flüchtlingsansturm konfrontiert wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Das Argument, das damals viel ärmere Österreich habe nach dem Zweiten Weltkrieg viel größere Flüchtlingsströme bewältigt, greift nicht. Man kann heute den Menschen nicht mehr behördlich befehlen, in ihrer Wohnung Platz für Neuankömmlinge zu schaffen.
Der Flüchtlingsansturm ist für die Asylbehörden eine große administrative Belastung, was Verfahren in die Länge zieht. Außerdem ist es gar nicht so leicht, ausreichend qualifizierte Sachbearbeiter in diesem Bereich zu gewinnen.
Die Ereignisse in Syrien bringen es schließlich mit sich, dass ein großer Teil der Flüchtlinge auch tatsächlich als solche anzuerkennen ist. Sie haben das völkerrechtlich geschützte Recht, bei uns im Land zu bleiben. Dadurch bleiben viele Unterkünfte länger belegt. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil Asylwerber bei uns, etwa im Gegensatz zur Rechtslage in der Schweiz, nicht arbeiten dürfen. Damit wird zwar verhindert, dass der Arbeitsmarkt belastet wird, andererseits jedoch verzögert, dass die Menschen sich in unsere Gesellschaft integrieren können. Auch dies führt dazu, dass Quartiere längere Zeit nicht an Neuankömmlinge vergeben werden können.
Zu guter Letzt: Viele von kleineren Gemeinden angebotene Wohnungen werden von den Sozialorganisationen deshalb nicht angenommen, weil die Betreuung in Einzelquartieren in abgelegenen Dörfern zu aufwendig wäre.
Alle diese Faktoren sollte man bedenken, bevor man selbstgerecht moralisierend das Versagen ausgerechnet jener beklagt, die sich vor Ort um die Unterbringung von Asylwerbern bemühen.
Der Flüchtlingsansturm ist für die Behörden eine große Belastung.
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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