Lustenau stellt sich dem Rhein

Vorarlberg / 02.07.2015 • 20:50 Uhr
Friedliches Straßenbild der L 203 beim ehemaligen Gasthaus Linde (links). Wenn der Rhein kommt, schaut es so aus. Fotomonage: Securplan
Friedliches Straßenbild der L 203 beim ehemaligen Gasthaus Linde (links). Wenn der Rhein kommt, schaut es so aus. Fotomonage: Securplan

Katastrophenplan und Hochwasserbefragung wurden von Experten präsentiert.

Lustenau. Was tun, wenn der Rhein kommt? Seit Kurzem hat die Gemeinde Lustenau professionelle Antworten auf Fragen, die sich hoffentlich nie stellen werden. In den Räumlichkeiten der Rheinbauleitung wurde ein fertiger Katastrophenplan mit Evakuierungsmaßnahmen, konzipiert von der Firma Securaplan in Meran, vorgestellt. Gleichzeitig gab es die Präsentation der Umfrage über den Hochwasserschutz in der Marktgemeinde. 1310 Personen beteiligten sich daran. Durchgeführt wurde dieses Projekt von der Universität Graz unter Federführung von Sebastian Seebauer.

Mit den Nachbarn

Fazit: Die Verantwortlichen der Kommune wissen in der Theorie nun genau, was zu tun ist, wenn der Rhein in jedwelcher Form das Gemeindegebiet bedroht oder, im schlimmsten Fall, dieses überflutet. „Die Evakuierung haben wir in eine Aufmerksamkeitsphase, eine Vorbereitungsphase und in eine tatsächliche Evakuierungsphase eingeteilt“, berichtet Bürgermeister Kurt Fischer (51). „Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass wir alle Nachbargemeinden einbinden. Denn: Im Falle einer Rheinüberschwemmung haben wir ein Problem in der ganzen Region und nicht nur in Lustenau.

Ab sofort ist die Marktgemeinde in 22 Evakuierungsabschnitte unterteilt. Im Ernstfall müssen 23.000 Personen und 12.850 Fahrzeuge aus dem Überschwemmungsgebiet geschafft werden. „Das ist eine riesige logistische Herausforderung, die nur mit perfekter Organisation gemeistert werden kann“, betont Fischer.

Schnelles Wasser

Für Anton Gögele (52), Leiter von Securplan, ist der Rhein mit keinem anderen Fluss zu vergleichen. „Wenn es zu einem Dammbruch kommt, ist die Situation für Lustenau sehr gefährlich. Und zwar deswegen, weil das Wasser ungewöhnlich schnell da ist und sehr wenig Zeit bleibt, sich darauf einzustellen“, hält der Experte fest. Perfekt gefüttert mit Daten und Fakten wurde der Südtiroler von den Wasserexperten vor Ort – insbesondere von Rheinbauleiter Dieter Vondrak (43).

Geliebtes Heim

Bemerkenswerte Erkenntnisse brachte auch die Hochwasserschutz-Befragung der Lustenauer Bevölkerung, die Anfang des Jahres durchgeführt wurde. So halten die Lustenauer ein Hochwasser für eher unwahrscheinlich. Sollte es dann aber doch eintreten, so rechnen die Menschen allerdings mit sehr hohen Schäden. Hochwasserschutz wird von den Bürgerinnen und Bürgern als gemeinsame Verantwortung von den Betroffenen und der Politik gesehen. Für eine Evakuierung sind sie nicht schnell zu bewegen. Die meisten wollen sich trotz Aufforderungen in Radio, Fernsehen und Internet noch persönlich Gewissheit darüber verschaffen, dass ein Verlassen ihres Hauses unausweichlich ist.

Mit der Präsentation der Katastrophenpläne sowie der Befragung ist die Hochwasserschutz-Prävention in Lustenau noch nicht beendet. Bald schon soll jeder Hausbesitzer persönlich darüber informiert werden, welchem Evakuierungsabschnitt er angehört.

Bisher hat sich Lustenau die Sicherheitsmaßnahmen 70.000 Euro  kosten lassen.

   
   
Lustenau stellt sich dem Rhein

Hochwasser-Fakten:

Errechnete Szenarien

» HQ 100: Hundertjährliches Hochwasser bei einer Durchflussmenge von 3.100 Kubikmetern

» HQ 300: Dreihundertjährliches Hochwasser bei einer Durchflussmenge von 4.300 Kubikmetern

» EHQ: Worst Case-Hochwasser­szenario mit Durchflussmenge von 5.800 Kubikmetern

» Errechneter Schaden bei Totalüberflutung: 5,8 Milliarden Euro im gesamten Rheintal auf österreichischer und Schweizer Seite

» Betroffen: 26 Kommunen

RHESI-Projekt für Hochwasserschutzmaßnahmen

» Projektdauer für Hochwasserschutzmaßnahmen im ganzen Rheintal: 20 Jahre

» Gesamtkosten für RHESI (Rhein, Erholung, Sicherheit): Ca. 400 Millionen Euro